Was denn, eine Alpine? Werner Schäfers Vater war gar nicht begeistert, als sein Filius sich 1973 den kapriziösen und teuren französischen Sportwagen zulegte. Doch alles Zureden half nichts, und aus der Begeisterung für die Alpine wurde eine Lebensaufgabe. Denn Werner Schäfer aus Nohn in der Eifel ist mittlerweile ein weltweit gefragter Alpine-Spezialist und dazu noch Renault-Fan durch und durch.
Er hat den Renault-Rhombus quasi mit der Muttermilch aufgesogen, übernahm den Betrieb 1978 vom Vater. Wenn der Kfz-Meister beim Kölsch an der Theke neben dem Eingang von seinen Autos schwärmt, hat das mit einem Autohaus wenig zu tun – eher mit urgemütlicher Vereinsatmosphäre, garniert mit rheinischer Gastfreundschaft und Benzin im Blut.
Wohl an die 500 Alpine seien seit 1971 durch seine Hände gegangen, erzählt Schäfer, dazu 100 Komplettrestaurierungen. Drei Mitarbeiter des Betriebs sind allein mit Restaurierungsarbeiten beschäftigt. Sie zerpflücken Motoren und setzen sie akkurat wieder zusammen, testen sie auf dem betriebseigenen Prüfstand. Karosserieteile werden mit Negativformen selbst angefertigt, auf Wunsch auch in einer 450 Kilo schweren Leichtbau-Version.
Denn die Kilos sind der entscheidende Faktor bei der Heckmotor-Flunder Alpine. "Das Leistungsgewicht ist einfach gut, das Auto ist ideal für Rallyes mit engen Strecken. Wenn es geradeaus geht, muss man aber aufpassen, denn dann fängt sie an zu tanzen", erzählt Werner Schäfer und verrät sein Credo für gutes Motortuning: "Zu schnell? Das geht ja gar nicht."
Radikaler Wandel
Die legendäre Franzosen-Flunder verdanken ihre Fans dem 2007 verstorbenen Jean Rédélé. Der 1922 geborene Sohn eines Renault-Händlers aus Dieppe übernahm 1946 die väterliche Werkstatt, in der er schon bald Serienfahrzeuge für den Rallye-Einsatz präparierte. 1954 gewann er mit einem Renault 4 CV das Rennen "Coupe des Alpes" und nannte sein erstes eigenes Auto daher "Alpine".
Sein berühmtestes Fahrzeug wurde die Alpine A110, die 1961 auf den Markt kam. Der kaum mehr als einen Meter hohe Heckmotor-Flitzer fuhr 1970 bis 1973 erfolgreich bei der Rallye Monte Carlo. Die Leistung der A110 klettert in den zivilen Versionen von anfangs 47 PS bis auf 138 PS, der Hubraum von einem auf 1,6 Liter und die Höchstgeschwindigkeit von 170 auf 225 km/h.
1973 machte sich Renault den sportlichen Ruf der kleinen Marke zunutze und übernahm die Aktienmehrheit von Alpine. Als Nachfolger der A110 erschien die Alpine A310, die ab 1971 sechs Jahre lang parallel zur A110 gebaut wurde und durch ihr futuristisches, keilförmiges Design einen radikalen Wandel bei Alpine einläutete. Zunächst war die A310 nur mit einem Vierzylinder ausgerüstet, später kam ein V6 hinzu. Dem Heckantriebsprinzip blieben die Franzosen allerdings treu.
Für die Alpine A110 schlägt Werner Schäfers Herz am lautesten, im R8 Gordini versägt er mit Inbrunst so manchen PS-starken Gegner und von der faszinierenden Dauphine könnte er wahrscheinlich stundenlang schwärmen. Doch auch andere Renault-Raritäten finden bei Schäfers ein gemütliches Zuhause.
Röhrspatzen
Vor dem Autohaus recken zwei R16 dem Betrachter ihr herrlich-schrulliges Schrägheck entgegen. Im Verkaufsraum parken ein Rallye-erprobter Renault 5 Turbo, ein blau lackierter Estafette-Lieferwagen und sogar ein Veteran aus dem Jahr 1922. In der Halle hinter dem Autohaus tummeln sich makellos zurecht gemachte Modelle wie R4, R17 oder das Sport-Coupé Fuego GTX. Solche unscheinbaren Schätzchen aus den 70er und 80er Jahren sind selten, denn wegen mangelnder Abhärtung ab Werk feierten die Rostpartikel damals wilde Orgien.
Mit Alpine und R8 Gordini hat Schäfer schon zahlreiche Klassiker-Rallyes bestritten und freut sich über die Begeisterung, die den französischen Röhrspatzen entgegen schlägt: "So ein Gordini bringt ihnen mehr Sympathien ein, als wenn sie mit einem Porsche anrollen."
Ein billiger Youngtimer ist die Alpine nicht – schon im Neuzustand hat der Wagen doppelt soviel gekostet wie ein Mittelklasse-Renault. In gepflegtem Zustand beginnen die Klassiker-Preise für eine A110 heute bei rund 40.000 Euro. Die meisten Exemplare befänden sich ohnehin längst in Sammlerhänden, meint Alpine-Papst Schäfer: "Was heute noch fährt, ist zu 80 Prozent auch in gutem Zustand."
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