Nur kurz zum Bäcker fahren und ein paar Brötchen holen. Das muss auch mit einem Supersportler wie dem R8 5.2 V10 drin sein. Doch in dem Boliden mit den Ringen wird das zu einem Ding der Unmöglichkeit. Der R8 an sich ist nicht einmal mehr neu - und trotzdem gibt es an jeder Straßenecke Aufmerksamkeit pur. Die Kinder vor der Schule zeigen mit Fingern auf den Sportler. Väter fallen fast vom Rad. Selbst ein paar ältere Damen verrecken sich die Hälse. Dabei ist der R8 in einem eher unauffälligen Blaumetallic lackiert und nicht in wildem Gelb oder italienischem Rot.
Doch auch die Tarnfarbe hilft nicht: Er fällt auf. Zum einen wegen seines Designs und den so offensichtlichen Merkmalen eines Sportwagens – zum anderen wegen des sonoren Lärms, der das Wohngebiet an diesem sonnigen Morgen durchpflügt. Ein waschechter Sportwagen. Das hätte man sich vor zehn oder 15 Jahren unter einem Vier-Ringe-Logo nicht vorstellen können.
Doch Audis strikte Expansions- und Designstrategie ließ das Ingolstädter Ego wachsen. Und so war ein Sportwagen wie der R8 die logische Folge. Nach dem sportlichen Basis-R8 ist der Zehnzylinder das, worauf die echten Sportwagenfans gewartet haben. Mit seinem bulligen Sauger nimmt er es mit den Stärksten auf. Ein Liter mehr Hubraum als der R8 4.2 FSI, ein Plus von zwei Brennkammern, 105 PS mehr und eine Höchstgeschwindigkeit von über 315 km/h - das lässt einen auf Augenhöhe mit Ferrari 430 Scuderia, Porsche 911 GT3, oder Mercedes SLS fahren.
Nehmerqualitäten im Alltag
Mit dem Vorteil, dass der Allradantrieb bei den R8-Modellen weit mehr ist, als ein Marketing-Gadget. Denn nicht nur bei feuchter Piste oder welliger Landstraße lernt man am Lenkrad des R8 V10 die Vorteile des quattro-Konzepts auch in einem Sportwagen schnell schätzen.
Selbst wenn Audis R8 5.2 FSI durchaus Nehmerqualitäten im alltäglichen Straßenverkehr hat - ein Alltagsauto ist er nicht. Er will sportlich und nicht untertourig gefahren werden. Der Drehzahlmesser fühlt sich über 5.500 U/min am besten an. Und auf bockiger Straße macht man sich auf dem Beifahrersitz keine Freunde. Daran ändert auch die elektronische Dämpferregelung Magnetic Ride nichts, die einem die freie Wahl zwischen Sport- und Normalmodus lässt. Ob man sich für ein automatisiertes Schaltgetriebe oder eine manuelle Gangwahl entscheidet, ist ebenfalls eine Sache der Neigung. Für die Rennstrecke oder regelmäßige Kurvenritte auf Landstraßen ist das sequentielle Getriebe die bessere, weil schnellere und entspannendere Wahl.
Doch nicht nur Puristen sei das manuelle Schaltgetriebe empfohlen, das von der Charakteristik exzellent zu dem bissigen Hochdrehzahltriebwerk hinter den Sitzen passt. Der Zehnender brabbelt in dem einen Moment noch etwas unwirsch vor sich hin, um im nächsten Moment alle Kleider von sich zu reißen. Erster, zweiter, dritter und vierter Gang – längst sollte man Schalt- oder Tachoanzeige aus den Augen verloren und sich auf die Straße konzentriert haben.
Der Sitz schmiegt sich vorbildlich an und das Lederlenkrad liegt prächtig in der Hand. Die erste Kurve. Herunter in den Dritten und dann tapfer auf dem Gas bleiben. Das Einlenkverhalten zeigt sich ohne jeden Tadel. Und weiter geht es in höheren Geschwindigkeitssphären. Wirklich komfortabel ist der R8 nicht – doch es sei ihm bei diesen Leistungsausbrüchen verziehen. Zum Glück machen die scharfen LED-Augen vorne den Weg frei in eine bessere und freiere Welt. Kein Gedanke daran, dass gerade wohl mehr als 25 Liter Super durch die Einspritzanlage fegen. Der Fahrspaß macht es wett.
Illuminiertes Herz
Der offen einsehbare Zehnzylinder ist ein weiterer Grund, wieso eine Fahrt zum Bäcker oder an die Tankstelle seine Schattenseiten hat. Denn bei der Rückkehr zum Auto haben mit Sicherheit mehrere Schaulustig ihre Handykameras gezückt oder sich oberhalb der Plexiglas-Abdeckung des Zehnzylinders festgeguckt. Im Dunkeln wird das Herz des Boliden sogar sanft illuminiert. Einfach einsteigen und losfahren? Schlicht unmöglich. Wie soll das erst werden, wenn der offene Audi R8 Spyder kommt?
Nach der Vorstellung des R8 hat es zwei Jahre Entwicklungszeit gedauert, bis der Zehnzylinder fach- und sachgerecht in den R8 passte. Mit dem avisierten Durchschnittsverbrauch von 13,7 Litern pro 100 Kilometer ist es nicht weit her. Unter 16 Liter passiert nicht viel.
Nicht zu unterschätzen: Das subjektive Sicherheitsgefühl ist bei allem Fahrspaß hoch. Ob dazu die dunklen Seitenelemente - ähnlich einer Sicherheitszelle - beitragen oder nur die grandios zupackenden Kohlefaserbremsen? Man weiß es nicht so genau und genießt den Spurt von 0 auf 100 km/h in gemessenen 4,3 Sekunden ebenso wie die Höchstgeschwindigkeit, die sich nach Tachoanzeige erst hinter der 320-km/h-Marke wieder einpendelt.
Ein schneller Sportwagentraum, der mit 142.400 Euro für viele unerschwinglich bleibt. Doch viele Konkurrenten sind in dieser Leistungsklasse noch einiges teurer. Und man fährt ein gewichtiges Stück moderner Audi-Geschichte.
Technische Daten | ||
Audi R8 5.2 FSI | ||
Motor | V-Form | |
Zylinder | 10 | |
Hubraum (cm³) | 5204 | |
Leistung (kW/PS) | 386/525 | |
Zuladung(kg) | 300 | |
Gesamtgewicht (kg) | 1880 | |
0-100 km/h (s) | 3,9 | |
Vmax (km/h) | 316 | |
Verbrauch (L/100 km) | 14,7 | |
Kraftstoff | SuperPlus | |
Grundpreis (€) | 142.400 | |
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