Russland und die EU - das ist im Moment kein Flirt im Himmel. Fast kein Tag vergeht, an dem nicht eine neue Eskalationsstufe der Sanktionen verkündet wird. Dennoch halten die Strategen bei BMW, Volkswagen oder Mercedes nach wie vor an dem Auftritt beim "Moscow International Automobile Salon (MIAS)" fest. Fast unisono lautet das Credo aus den Konzernzentralen: "Die Moskau Motor Show ist eine wichtige Regionalmesse, an der wir teilnehmen werden."
Der russische Automarkt gilt als einer der wichtigsten weltweit - trotz aller Schwankungen. Also heißt die Devise: business as usual, Augen zu und durch. Bis Ende des Jahrzehnts soll Russland mit mehr als vier Millionen verkauften Neuwagen pro Jahr der größte europäische Markt werden und spätestens bis dahin Deutschland als Europas Nummer eins überholen.
Doch die aktuellen politischen Schwierigkeiten legen einen Schatten über die Nachfrage. Im abgelaufenen Monat Juli gab es im Vergleich zum Vorjahr erneut einen Rückgang um fast ein Viertel. Nach den schwierigen Zeiten am Ende des vergangenen Jahrzehnts ist die russische Regierung gewarnt und denkt nicht zum ersten Mal über eine Art Abwrackprämie nach, um besonders die Modelle der Einstiegs- und Mittelklasse für die russischen Käufer interessant zu machen.
Den positiven Impuls, den die alle zwei Jahre stattfindende Moskau Motorshow auf den Markt abgeben sollte, wird es allerdings wohl kaum geben. Mehrere internationale Hersteller zogen ihre Modellpremieren aus Moskau zurück und lassen nach aktuellen Nachrichten auch die Konzernverantwortlichen nicht nach Russland reisen.
Audi etwa hat seinen überarbeiteten A7 im Gepäck. Die nicht allzu üppige Modellpflege des 4,97 Meter langen Luxus-Coupés beschränkt sich auf leichte Modifikation an der Front und am Kühlergrill sowie auf neue Rücklichter. Die serienmäßigen LED-Scheinwerfer können jetzt auf Wunsch mit der Matrix-Technik ausgestattet werden.
Mercedes-Benz lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen und kontert mit dem Mercedes-Benz S 65 AMG Coupé. Der 630-PS-Zwölfzylinder-Dampfhammer hat ein maximales Drehmoment von 1.000 Newtonmetern. Das reicht für einen Sprint von null auf 100 km/h in 4,1 Sekunden. So viel Spaß hat auch seinen Preis: 244.009 Euro kostet das Privileg, ein solches Auto ein Eigen zu nennen. Allerdings spielt der Kaufpreis bei der einheimischen Zielgruppe nicht zwingend die entscheidende Rolle.
BMW wird die Neuauflage seiner Verkaufsschlagers X6 nun wohl nicht in Russland, sondern erst auf dem Pariser Autosalon zeigen. Optisch weniger brachial aber genauso kräftig wirbt der Range Rover Sport SVR um die russischen Kunden. Der 550-PS-V8-Kompressor-Motor katapultiert den Briten in 4,7 Sekunden von null auf 100 km/h. Opel will mit dem Adam Rocks die weiblichen Herzen erobern. Außerdem zu sehen: Neben dem Adam S eine weitere Studie, über die sich die Rüsselsheimer noch ausschweigen. Citroën zeigt den neuen Jumper und den DS 3 mit einer überarbeiteten Lichtgraphik. Porsche zaubert kein neues Modell für die alle zwei Jahre stattfindende Messe aus dem Hut, sondern präsentiert mit dem Hybrid-Renner 918 Spyder, dem Macan Turbo und den Macan S die für den russischen Markt relevanten Neuheiten.
Bei Hyundai steht die Genesis Sportlimousine im Mittelpunkt. Der schicke Viertürer wurde speziell für Märkte wie Russland entworfen. Die Designsprache "Fluidic Sculpture 2.0" zeichnet sich bei der Oberklassen-Limousine durch einen lange Radstand und kurze Karosserieübergänge aus. Außerdem an Bord: Die Luxuslimousine Equus mit um 28 Zentimeter verlängerten Radstand. Die Schwestermarke Kia kommt mit einem Dreigestirn bestehend aus dem Kia Soul EV, den überarbeiteten Kia Quoris und den GT4 Stinger. Während der Quoris ein Ableger der Limousine K9 ist, zeigt die schnittige Studie GT4 Stinger Kias sportliche Ambitionen. Der 2+2-Sitzer hat einen Vierzylindermotor, der 315 PS mobilisiert.
Renault beziehungsweise die Billigtochter Dacia kommen in Russland gut an. Die Franzosen zeigen auf der Messe zwei Automobile, wie sie Gegensätzlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite ist der rustikal-preiswerte Dacia Logan und auf der anderen der Renault Sport R.S.01, ein Rennwagen, der im Rahmen unserer internationalen Rennserie World Series by Renault eingesetzt wird. Die Zutaten lesen sich geschmackvoll: 500 PS, Kohlefaser-Monocoque und ein Gesamtgewicht von rund 1,1 Tonnen.
Mit Lada hat der gallische Autobauer noch ein weiteres Eisen im Feuer. Lada enthüllt den Vesta, der den in die Jahre gekommenen Priora ersetzen soll. Mazda zeigt die russischen Modelle, nicht aber den Mazda2. Ebenso zurückhaltend präsentiert sich Volkswagen. Die Wolfsburger zeigen keine Weltpremieren, sondern setzen auf die bekannten Modelle, wie etwa den Golf Sportsvan. Dem Vernehmen nach zieht Nissan erstmals in Europa das Tuch von seinem neuen Pathfinder. Das Familien-SUV gibt es auch mit Hybrid-Antrieb bestehend aus einem 2,5-Liter-Vierzylinder und einem 15-kW-Elektromotor. Außerdem zu sehen: Der Nissan Sentra.
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