Vergleich: Focus RS vs. Abt Golf GTI

Der Ford Focus RS gilt derzeit als stärkster Fronttriebler der Welt. Konsequent fährt er der Konkurrenz davon. Giftgrüner Lack, gigantische Schweller, noch größere Spoiler und wild blubbernde 305 PS verheißen nichts Gutes. Bei Volkswagen hält man sich mit einer Antwort auf diesen Kraftprotz noch bedeckt. Der gewohnt starke Golf GTI ist fahrdynamisch und in Sachen Leistungsspektrum zwar über jeden Zweifel erhaben - doch mit seinen 210 PS haben selbst umtriebige GTI-Fahrer keine wirkliche Chance gegen die RS-Klientel. Motorsport-Tuner Abt hat das erkannt und verleiht dem Golf in zwei nachgerüsteten Leistungsstufen Flügel.

Entweder, man mag es bissig - dann reicht die 260-PS-Version. Deutlich wilder ist man mit dem Abt Power S Golf GTI unterwegs. Mit einem geänderten Turbolader und zahlreichen Modifikationen an Fahrwerk, Karosse, Bremsen und Abstimmung hat der sich auf 221 kW/300 PS emporgearbeitet und begegnet dem Focus RS damit auf Augenhöhe. Der eine vom Tuner, der andere vom Hersteller – wer ist der bessere?

Beide bieten rund 300 PS, grandiose Fahrleistungen und eine Höchstgeschwindigkeit von deutlich über 250 km/h. Kein Problem, die Fahrer eines künstlich eingebremsten BMW M5 oder einer Mercedes S-Klasse zu nerven und schließlich sogar hinter sich zu lassen.

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Ford Focus RS [2:49]
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Bei der Kombination aus 300 PS starken Triebwerken und Frontantrieb stellt sich die doppelte Frage, ob sich so viel Kraft überhaupt auf die Straße bringen lässt. Der Focus RS erledigt das mit einer ungewohnten Souveränität. Zwar zieht der über 1,4 Tonnen schwere Kölner im Grenzbereich etwas an der Lenkung. Doch das passiert dank der aufwändigen Vorderachse mit Sperrdifferenzial ungewöhnlich unspektakulär. Man weiß vorher, was der Vorderradantrieb gleich macht - und stellt sich am griffigen Lenkrad leicht darauf ein. Ganz anders sieht das jedoch bei welliger Fahrbahn oder nassem Untergrund aus. Spätestens dann wünscht man sich einen Allradantrieb, um den die Ford-Ingenieure wegen der hohen Entwicklungskosten jedoch einen Boden machen mussten.

Dafür präsentiert sich das Heck des Golf ausgewogener. Beim Focus RS schwänzelt es im Grenzbereich schnell nach außen – beim GTI ist es stoisch ruhig.

Harte Burschen

Dass beide Fahrzeuge über stark modifizierte Fahrwerke mit einer gesunden Härte verfügen, versteht sich von selbst. Breite 19-Zöller mit einem geringen Querschnitt unterstreichen die Härte nochmals eindrucksvoll. Dafür halten sich Bewegungen auf der Hochachse angenehm im Rahmen. Und gerade auf kurvigen Rennpisten oder Passstraßen sind beide Autos eine wahre Freude. Dass der Focus in allen Bereich einen etwas ausgewogeneren Eindruck macht, ist dabei kein Zeichen einer Schwäche beim Abt-GTI - sondern schlicht die Stärke des exzellenten RS-Pakets.

Fahrwerk, Lenkung, Handling und Bremsen sind beim Abt GTI gut und beim Focus RS klasse abgestimmt. Die manuellen sechs Ford-Gänge zu schalten ist ein einziger Spaß. Dass Kupplung und Getriebe bei schneller Gangart Höchstleistungen zu vollbringen haben, nimmt man allenfalls am Rande wahr. Ausgewogen und kompromisslos sportlich auch das Gesamtbild des Abt GTI. Er wirkt härter und ambitionierterer, aber auch ruppiger und im Grenzbereich weniger ausgewogen.

Die große Stärke des Golf ist sein Triebwerk. Der dank neuem Turbolader und Motorelektronik auf 221 kW/300 PS erstarkte Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum ist ein unglaublicher Kraftprotz. Greift der Turbo mit seinem maximalen Drehmoment von 400 Nm erst einmal ein, gibt es kein Halten mehr. Von 0 auf 100 km/h geht der Sprint in 6,1 Sekunden. Der Abt schiebt, schiebt und schiebt. Selbst bergauf ist Tempo 260 kein Problem. Auf gerader Strecke knackt das Tacho die 280er Marke – real sind es 268 km/h.

Da kann der Focus RS nicht mithalten. Da ein entsprechend leistungsstarkes Triebwerk im Ford-Regal fehlt, bediente man sich des 2,5 Liter großen Fünfzylinders aus dem Hause Volvo. Entsprechend modifiziert erfreut der mit bulligem Fünfzylinderklang, bissigen 224 kW/305 PS und 440 Nm Drehmoment. Von 0 auf 100 km/h schafft der Ford in 5,9 Sekunden.

Vollgas-König Abt GTI

Jedoch tut sich der Focus RS ab 220 km/h deutlich schwerer als der bei Abt aufgedrehte GTI. Dabei ist es nicht die Doppelkupplung, die sich bei dem Wolfsburger positiv bemerkbar macht: Der Golf hat schlicht deutlich mehr Biss. Der Vierzylinder ist trotz weniger Hubraum drehfreudiger und wirkt kraftvoller. So drückt sich der Focus RS mit Mühen über die 250er-Marke, knackt sie schließlich doch und schafft laut Tacho ebenfalls 270 km/h.

Das böse Erwachen kommt an der Zapfsäule. Der betagte Fünfzylinder im Focus hat einen tollen Sound - und einen unstillbaren Durst. Bei schneller Fahrweise verbraucht er mehr als 16 Liter Super auf 100 Kilometern und selbst im moderaten Durchschnitt liegt der Kraftprotz bei 13,7 Litern. Darüber kann der Pilot eines Abt-Golf GTI nur lächeln: Denn wer damit normal unterwegs ist, kommt mit rund zehn Litern Superkraftstoff auf 100 Kilometern aus.

Unterm Strich gewinnt der Ford Focus RS den Vergleich jedoch deutlicher als erwartet. Der Grund ist nicht nur das exzellente Sportpaket an sich, sondern vor allem ein mit 33.900 Euro nahezu unschlagbarer Preis. Dadurch kann er auch die Schwächen des veralteten Fünfzylinder-Motors fast vergessen machen. Der Abt Golf GTI bietet auf der Autobahn deutlich mehr Speed als der GTI. Doch die 90 Mehr-PS zum Serien-Wolfsburger muss man sich mit 5.300 Euro (allein für den Motor) teuer erkaufen. Mit entsprechendem Body-Kit kostet der Abt Golf GTI deutlich über 42.000 Euro.

Stand: 18.11.2009	Artikel bookmarken
Text: Stefan Grundhoff	Auf Artikel linken
Fotos: Grundhoff