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Technik: Autonomes Fahren
Im Wagen vor mir ...
 Autonomes Fahren

BMW macht den Traum vom autonomen Fahren wahr. Eine Technologieflotte von Fahrzeugen fährt ohne aktives Tun des Piloten. Der Fahrer schaut völlig unbeteiligt zu - und kann nur noch staunen.

Schlagerbarde Henry Valentino schmetterte in den späten 1970er Jahren seinen Hit "im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen ...". Der singende Henry wollte die klapperige Ente mit der unbekannten netten Fahrerin vor sich nicht überholen und fuhr ihr gemütlich hinterher. So scheint es an diesem Vormittag auch mit dem silberfarbenen 5er BMW zu gehen. Mit Tempo 85 schleicht der Prototyp aus der Münchner Entwicklungsabteilung von BMW der Kolonne von Lastwagen hinterher.

 Autonomes Fahren - Foto: Grundhoff

Das fehlende Überholinteresse liegt jedoch keinesfalls an einem verträumt vor sich hin singenden Fahrer. Der Fahrer des 5er BMW hat schlicht seine Macht über das Auto aus den Händen gegeben. Auf der Autobahn A9 zwischen München und Ingolstadt fährt der BMW autonom - heißt ohne aktives Zutun der Person auf dem Fahrersitz. Bis zum Autobahnkreuz Neufahrn hatte der menschliche Pilot noch Gewalt über das Auto. Mit dem Druck auf einen Taster am Lenkrad war es damit dann vorbei. Zwei Rechner im Kofferraum übernahmen die Geschicke im turbulenten Verkehr Richtung Norden.

Zwei Jahre lang hat die BMW-Abteilung Forschung und Entwicklung unter der Leitung von Professor Raymond Freymann an diesem System gearbeitet. Der BMW aus der Prototypenflotte schaut - abgesehen von ein paar Antennen und Sensoren - aus wie ein ganz normaler Fünfer. Doch er fährt auf Knopfdruck völlig ohne Zutun des Fahrers. Er lenkt, bremst, bleibt in der Spur - "Freude am Fahren" einmal ganz anders. Denn der Tatendrang des 5er BMW ist ziemlich zurückhaltend. "Es geht uns nicht darum zu zeigen, dass der Wagen autonom fährt", rückt Freymann den Fokus zurecht: "Es geht uns allein um die Unfallvermeidung und das Thema autonome Aktion, um das Fahren sicherer zu machen."

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Hinter dem sich stetig selbstständig drehenden Lenkrad und angesichts der intelligenten Automatismen sollte einem in dem BMW Angst und Bange werden. Doch das Gegenteil ist der Fall. Bereits nach wenigen Kilometern fühlt man sich in dem computergesteuerten Auto wohl wie in Abrahams Schoß. Man plaudert mit seinem Beifahrer, den Personen auf der Rückbank und könnte auch ein paar Mails auf dem Blackberry beantworten. Sogar der Gedanken an Fernsehen kommen auf. So entspannt in Nürnberg oder gar Frankfurt ankommen? Unterwegs schnell noch ein paar Akten durcharbeiten? Ein Traum.

Das Sicherheitsgefühl ist beeindruckend und wird allenfalls durch zwei nachhaltige Bremsmanöver gestört, die anscheinend ohne ersichtlichen Grund geschehen. "Da hat der Computer wohl angenommen, dass der Lastwagen auf der rechten Spur herausziehen wollte", erläutert Helmut Spannheimer aus dem Bereich Fahrerassistenzsysteme entschuldigend.

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Selbstbeschränkung
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Dafür, dass der BMW derart automatisiert seiner Wege geht, dafür sorgen eine Vielzahl von Sensoren. So wird das Umfeld des Autos per Radar, Laser und Kamera überwacht. Zudem kann der Wagen mit korrigierten GPS-Daten bis auf ein paar Zentimeter genau berechnen, wo und wie er unterwegs ist. "Wenn eines der Systeme einmal keine exakten Daten liefert, springen die anderen Systeme ein", sagt Spannheimer.

Einer der beiden Computer im Kofferraum verarbeitet diese Daten in Echtzeit. Ein zweiter, unabhängiger Rechner sorgt für das Fahren des Autos. Er bremst, gibt Gas, blinkt oder schert aus.

Überholen ist die Sache des Systems jedoch nicht. Ein Grund ist die freiwillige Selbstbeschränkung auf Tempo 120. Heißt: Der BMW setzt nur dann völlig automatisch den Blinker und zieht auf die linke Spur, wenn der Abstand zum Hintermann groß genug ist, so dass dieser nicht bremsen muss. Zeitgleich wird akribisch der Sicherheitsabstand zum Vordermann gehalten.

Rechtlich ist das alles gut und schön - doch gerade im Alltagsverkehr auf der A9 weitgehend weltfremd. So dümpelt der 5er mit beeindrucktem, aber leicht gelangweiltem Fahrer oft länger hinter trägen Lastwagen her. Gemächlich wie Valentino hinter der Ente.

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Fünf Jahre zusätzlich mobil
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"Wir haben uns überlegt, wo ein automatisiertes Fahren am sinnvollsten wäre", sagt Freymann. "In der Stadt bringt es nicht viel und auf der Landstraße hat man das Problem des Gegenverkehrs. Deshalb haben wir mit der Autobahn angefangen." 2.000 Kilometer sind die paar Prototypen in den vergangenen Monaten der Autobahn unterwegs gewesen. Hinzu kommen 5.000 Kilometer am Simulator – ohne einen Unfall oder eine brenzlige Situation.

An Engstellen, Autobahnkreuzen und in Baustellen soll es noch Probleme geben. "Daran arbeiten wir aktuell", sagt Raymond Freymann. "Insbesondere die älteren Leute stehen bei den Entwicklungen im Vordergrund. Sie sollen mobil bleiben und keine Angst vor dem Straßenverkehr haben. Dieses System schenkt ihnen mindestens fünf Jahre Mobilität zusätzlich."

Netter Nebeneffekt: Das automatisierte Fahren funktioniert auch bei Regen und in der Nacht. Trotzdem soll es als Autobahn-ACC oder Langstrecken-Tempomat zumindest in den nächsten Jahren keinen Einzug in die BMW-Aufpreislisten halten. "Das ist nicht geplant", sagt Dirk Wisselmann aus dem Bereich Forschung und Entwicklung: "Doch eine automatisierte Längs- und Querführung des Fahrzeugs ist durchaus denkbar."

 
 Autonomes Fahren - Foto: Grundhoff
 Autonomes Fahren - Foto: Grundhoff
 Autonomes Fahren - Foto: Grundhoff
 Autonomes Fahren - Foto: Grundhoff

Text: | Fotos: Grundhoff


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