Elektro-Fahrzeuge und Heizen. Das war bislang kein Liebesverhältnis. Schließlich kostet jedes Grad im Innenraum Reichweite. Wenn es nach dem Auto-Zulieferer Webasto geht, wird dieser Gegensatz mit der neuen Hochvolt-Heizung (HVH) etwas minimiert.
Der Clou: Dank einer nur 0,4 Millimeter dünnen Heiz-Schicht, die sich direkt auf dem Wärmetauscher befindet, ist eine konstante und effiziente Erwärmung des Wasserkreislaufs möglich. "Der Wirkungsgrad beträgt 99 Prozent", erklärt Joachim Damasky, Vorstandschef des Unternehmensbereichs Webasto Thermo & Comfort. Durch die Heizfläche ist eine konstante Heizleistung zwischen null und 70 Grad möglich.
Auch die Erwärmung des Innenraums soll deutlich schneller von statten gehen, als mit einer herkömmlichen PTC-(Luft)heizung. Bei einer Umgebungstemperatur von minus sieben Grad soll die PTC-Variante 10,8 Minuten und die HVH nur 6,1 Minuten brauchen.
Als Energiequelle dient die Batterie des Elektro-Autos. Das zentrale Heizgerät wiegt nur 1,9 Kilogramm, hat in etwa die Maße eines iPads und die Dicke eines 1000-Seiten-Buches. Dadurch, dass sich alle Anschlüsse auf einer Seite befinden, kann das Gerät auch ohne großen Aufwand fast nach Belieben im Auto platziert werden. Im Vergleich zu herkömmlichen Geräten wiegt die HVH etwa ein Drittel weniger und schafft die doppelte Heizleistung. Zudem werden bei dem neuen Heizelement keine seltenen Erden verwendet. Die HV-Heizung ist vor allem für Plug-in-Hybride und E-Mobile geeignet. In drei Jahren soll die Serienproduktion starten.
Derweil werden auch die bekannten Standheizungen mit Verbrennungsmotor weiterentwickelt. Standheizungen sind nach wie vor gefragt: Webasto hat 2011 1,1 Millionen produziert. Inzwischen mutiert das Smartphone zu einer Kommandozentrale. Registriert der Temperatur-Sensor, dass die Außentemperatur an dem Ort, an dem das Auto steht, unter vier Grad fällt, schlägt das Handy per Meldung Alarm. Ein paar Handbewegungen auf dem Touchscreen später gehört das Problem der Vergangenheit an. Egal ob per App, Anruf oder per SMS: Das umständliche Programmieren der Automobil-Standheizung an einem statischen Gerät, das sich im Auto befindet, gehört im mobilen Zeitalter der Vergangenheit an.
Effizienter warmer Motor
Der Funktionsumfang der kleinen Programme auf den Smartphones wird immer größer: Mittlerweile können zwei Heizungen, die sich in mehreren Autos befinden von einem Telefon aus angesteuert werden und der Besitzer kann jederzeit die Innentemperatur seines Autos auf seinem Telefon kontrollieren und auf Wunsch den Innenraum und den Motor vorheizen lassen.
Innerhalb von gut 20 Minuten ist ein Mittelklassewagen bei Minus sieben Grad eisfrei. Von dem Sicherheits- und Komfortgewinn ganz abgesehen, arbeitet ein warmer Motor auch effizienter. So werden die 0,2 Liter, die durch das Heizen verbraucht werden, durch die Ersparnis im Fahrbetrieb fast vollständig egalisiert.
Eine weitere umweltfreundliche effiziente Methode sind die Bio-Ethanol-Heizungen, die bereits in Elektrofahrzeugen getestet werden. Neben der Klimaneutralität ist die nahezu rußfreie Verbrennung ein Vorteil. Dabei wird nicht das Wasser als Wärmetransport-Medium genutzt, sondern die Luft. Sie wird über ein eigenes Gebläse angesaugt und erwärmt den Innenraum direkt.
Doch die Standheizungen der Zukunft sollen nicht nur ökologisch, sondern auch leise sein. Ohne laufenden Motor sind die Nebenaggregate deutlich zu hören. Um dieses Geräusch zu "bekämpfen", hilft eine Technik, die der Zulieferer Eberspächer beim Modulieren des Verbrennungs- und Abgasgeräusch im Audi A6 erfolgreich anwendet. Bestimmte unerwünschte Frequenzen werden eliminiert und so der Lärmpegel reduziert. In Kombination mit einem Schalldämpfer und einem Helmholtz-Resonator (quasi eine Flasche, die man am Hals anbläst) schafft man ein Geräusch-Niveau unter 45 dB. Das ist extrem leise.
So bleibt dem Autobauer die Wahl: Setzt er auf CO2-Neutralität und damit auf Bioethanol? Oder auf Null-Emissionen? Da kommt die HV-Heizung ins Spiel.
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