Auch wenn der Benzinpreis in diesen Wochen wieder in längst vergessen geglaubten Niederungen wandelt: Nichts ist mehr wirklich so, wie es einst war und die Kraftstoffe werden auf lange Sicht immer teurer werden. Doch die Ingenieure halten mit neuen und kleineren Power-Benzinern dagegen.
Da der Turbolader seine Kinderkrankheiten längst abgelegt hat, lassen sich mit kleinen Hubräumen längst Leistungsstufen verwirklichen, für die vor Jahren noch mächtige Großhuber vonnöten gewesen wären. Die wirksame Kombination Diesel und Turbo – das ist spätestens seit Commonrail ein alter Hut. Doch längst scheint das Ende der Dieselmanie in den meisten europäischen Staaten eingeläutet. Hersteller wie Audi, BMW, Fiat, Peugeot oder Volkswagen zeigen mit Modellen wie A3, TT, Golf, Passat, Mini, Bravo oder Punto eindrucksvoll, wie effizient auch Benziner mit einer einfachen oder doppelten Turboaufladung sein können.
Vor allem VW und Fiat, bei denen sich um die Jahrzausendwende nahezu alles um die moderne Dieseltechnik zu drehen schien, haben ihre neue Liebe zu kleinvolumigen Benzinern mit Turboaufladung und Direkteinspritzung entdeckt. Haben die zwischen 120 und 265 PS starken Triebwerke bisher jedoch durchweg vier Brennkammern, so wird sich deren Anzahl bei den derzeit auf beiden Seiten entwickelten Motorengenerationen halbieren.
Die Norditaliener galten bisher nicht gerade als Experten für leistungsstarke und entsprechend effiziente Benziner mit Direkteinspritzung. Doch die mit der neuen Bravo-Generation eingeführte 1,4-Liter-Generation hat die Fiat-Ingenieure hungrig gemacht. Hungrig nach weniger Zylinder bei gleicher oder gar mehr Leistung.
Sauberer Klang
Derzeit arbeitet man in Turin mit Hochdruck an einem neuen Motorenprogramm mit einem Einheitszylinder. Klaus Schühle, technischer Leiter bei Fiat Deutschland: "Das Grundkonzept besteht aus einem Basiszylinder mit 450 Kubikzentimetern Hubraum. Damit ist dann einiges denkbar - vom Zweizylinder bis zu einem Motor mit sechs oder acht dieser Zylinder."
Wer genau hinhört, der kann sich vorstellen, dass mittelfristig auch die beiden Edelmarken Maserati und Ferrari auf neue Triebwerke hoffen können. Derzeit ist allein Ferrari für die Entwicklung der leistungsstarken Achtzylinder mit Hochdrehzahlkonzept zuständig. Doch im Rahmen von Synergien und übergreifenden Kosteneinsparungen dürften zukünftig auch für die Hochleistungsmotoren im Fiat-Konzern Direkteinspritzer mit Turboaufladung denkbar sein. Der einstige Turbo-Hasser BMW hat gezeigt, wie gut die Aufladung auch den hauseigenen Benzinern tut.
Doch der erste Einsatz der neuen Motorengeneration mit dem Einheitszylinder ist am unteren Ende der Fiat-Konzernmarken geplant. Fiat 500 und Panda sollen künftig durch einen 900 Kubikzentimeter großen Zweizylinder mit 70 bis 100 PS angetrieben werden, bestätigt Klaus Schühle.
Die Leistung wird durch den Einsatz eines vollvariablen Ventiltriebs, durch Direkteinspritzung und Turboaufladung ermöglicht. Damit das kleine Triebwerk vom Klang nicht an den Citroen 2CV oder einen alten Trabbi erinnert, wird derzeit mit viel Hingabe am Sounddesign gearbeitet.
Up-Familie kommt
Wenn bereits die kleine Einsteigerklasse im Hause Fiat Dank Zwangsbeatmung aus zwei Zylindern bis zu 100 PS holt, dann kann man sich vorstellen, was mit drei, vier oder mehr Zylindern alles möglich ist. Knapp 1,3 Litern brächten 150 PS auf die Antriebswelle, ein 1,8-Liter-Aggregat läge deutlich in der 200-PS-Liga und etwaige Sechszylinder hätten weit mehr als 300 PS. Alfa Romeo werden solche Aussichten besonders freuen.
Nicht viel anders sieht es bei Volkswagen aus. Auf den Automessen in Frankfurt und Tokio zeigten die Wolfsburger die realitätsnahen Studien VW Up und den VW Space Up. Für den Antrieb sind ab Ende 2009 in erster Linie Benziner und Diesel mit zwei und drei Zylindern in Vorbereitung. Elektro- und Hybridantriebe sollen erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt ein Thema werden.
Das Raumkonzept des Space Up hat seine Grundlage in der baulichen Struktur und der Anordnung des Motors, der ähnlich wie beim Smart Fortwo im Heck untergebracht ist. Das erste Triebwerk soll ein Dreizylinder-Commonrail-Diesel mit Turboaufladung sein. VW-Technologievorstand Dr. Ulrich Hackenberg: "Die Weltpremiere des Up! auf der IAA in Frankfurt war ein erster Test, wie das Konzept unserer New Small Family in Europa ankommt. Und dieser Test verlief mehr als positiv."
Walter de Silva, Chefdesigner der Volkswagen Gruppe, unterstreicht diese Einschätzung: "Man sieht dem Space Up! förmlich an, dass er Spaß macht und dabei auf kleinster Fläche maximalen Raum bietet. Unsere New Small Family bringt das Lächeln zurück auf die Straße." Nett geschwärmt.
Auf den Markt kommen sollen das VW-Doppel Up und Space Ende 2009, Anfang 2010. Und auch bei Mercedes und Toyota scheinen neue, kleinvolumige Zwei- und Dreizylinder nur eine Frage der Zeit zu sein. Fahrzeuge wie Smart oder iQ schreien geradezu nach sparsamen Kleinhubern.
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