Es ist schon ein beklemmendes Gefühl: Auf der Seoul Motor Show lassen sich alle zwei Jahre 27 Pkw- und Lkw-Hersteller ob ihrer automobilen Fast-Neuheiten feiern - und nur wenige Autominuten entfernt beginnt die am schärfsten bewachte Staatsgrenze der Welt. Da stört es auch kaum, dass auf der bis zum 9. April geöffneten Show kaum Nennenswertes zu sehen ist. Zum einen ist Südkorea weltweit gesehen kein sehr großer Automarkt. Und zum anderen findet diese Messe zeitlich genau zwischen dem Genfer Automobilsalon und den beiden Messen in New York und Shanghai statt. Und da ein Messeauftritt nicht mal eben aus der Portokasse zu zahlen ist, muss man sich als Hersteller eben entscheiden.
Doch so ganz ohne Weltpremiere kommt natürlich auch die Seoul Motor Show im Jahr 2017 nicht aus. Und so darf sich Ssangyong bei seinem Heimspiel über großes Interesse freuen. Denn mit dem Rexton der vierten Generation will die weltweit knapp 160.000 Fahrzeuge verkaufende Marke ihre Aufholjagd beginnen. "Wir wissen, dass wir ein an den Stückzahlen gemessenes kleines Unternehmen sind. Daher müssen wir als SUV-Experten mit vielen Jahrzehnten Erfahrung vor allem auf unseren guten Ruf setzen und uns spezialisieren", sagt SsangYong-Chef Jhong-Sik Choi: "Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, im Bereich Konnektivität herauszustechen. Zudem entwickeln wir uns in Richtung autonomen Fahrens weiter. Der Rexton ist ein erster großer Schritt."
Dass der in zwei Motorisierungen erhältliche Südkoreaner weder über eine adaptive Geschwindigkeitsregelanlage verfügt, noch über jedwede interaktive Besonderheit, erstickt die gerade erst aufkeimende Hoffnung jedoch sofort wieder. Obwohl - eine Besonderheit hat er: Das Blinkergeräusch kann in fünf verschiedenen Variationen gewählt werden. Varation fünf: Das Zirpen einer Grille. Das autonome Fahren eines SsangYong scheint also zumindest nicht ganz lautlos abzulaufen - egal wann.
Neben den bereits in Genf groß gefeierten Neuheiten aus dem Hause Mercedes-Benz fährt AMG in Seoul mit gefühlt jedem Modell zum eigenen 50. Geburtstag auf. So wirklich neu ist aber auch da nichts. Auf den Messeständen von BMW, Mini und Porsche herrscht selbst kurz vor Beginn der neuigkeitsarmen Pressekonferenzen gähnende Leere. Voller werden die Stände erst, wer hätte es gedacht, mit der steigenden Anzahl reizvoll gestylter junger Damen. Und wenn diese dann auch noch Einblicke in ihre Unterwäschen-Auswahl gewähren, ist ein Blitzlichtgewitter vorprogrammiert.
Ein kleiner elektrischer Pick-Up, der sich zum Beispiel auch in Form einer rollenden Caffee-Bar bestellen lässt
Ob da nun ein Lkw oder ein Bus wie bei MAN zum Anlehnen genutzt wird, oder ein Stützpfeiler der Messe, spielt da schon fast keine Rolle mehr. Interessant wird es hingegen, wenn es während einer Pressekonferenz mal nicht ganz so läuft wie ursprünglich geplant. Nachdem vom neuen City Lion-Bus von MAN das gewaltige Tuch explosionsartig entfernt wurde, sollte eigentlich eine Auffahrrampe für Rollstuhlfahrer sanft auf den Bushaltestellen-Nachbau heruntergleiten. Ein dort vergessener Metallwürfel ließ das jedoch nicht zu. An dieser Stelle zeigt sich ein weiterer Vorteil von kameratauglichen Models: Niemand hat etwas davon mitbekommen, da die Hoffnung auf weitere Enthüllungen von Sekunde zu Sekunde anwuchs.
Auf der Seoul Motor Show 2017 gibt es aber nicht nur etwas für die Herren der Schöpfung allein zu sehen, sondern auch für die ganze Familie. Und so präsentierte D. Throne am Rande einer der drei Flugzeughangar großen Hallen seine 2.500 Euro teuren Spielzeugautos für den Nachwuchs. Das Besondere an den bis zu 15 km/h schnellen Elektroautos ist die Möglichkeit für bis zu 90 Kilogramm schwere Erwachsene, im Stehen hinten nicht nur mitzufahren, sondern das Gespann auch zu bedienen. Das Kind selbst darf im Übrigen bis zu 130 Kilogramm auf die Waage bringen.
Alternativ gibt es etwas namens "Illusion Theater". Die Smartphone-Kino-Boxen in Form eines Jeeps erfüllen dabei eine ähnliche Funktion wie das Handtuch über dem Wellensittich-Käfig. Handtuch drauf, Ruhe. Nur dass der gefiederte Freund offensichtlich über mehr Phantasie verfügt als der nörgelnde Nachwuchs und auch ohne Elektronik den Schnabel hält.
Zu den wenigen rein elektrischen Fahrzeugen zählen die beiden Neuheiten von Cammsys. Das eigentlich für die Produktion von Kameralinsen in Smartphones der Marke Samsung bekannte Unternehmen präsentiert mit dem PM100 auf Basis des Renault Twizzy und dem TX700e lautlose Alltagshelfer. Der ist ein kleiner Pick-Up, der sich zum Beispiel auch in Form einer rollenden Caffee-Bar bestellen lässt. Spannend beim PM100 ist die Möglichkeit, auch zu viert zu fahren. Schade, dass keiner der beiden bis zu 150 Kilometer weit fahrenden Elektroautos je den Weg nach Deutschland finden wird.
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