Über 300.000 Besucher können sich nicht irren - die Essen Motor Show fasziniert. Vom 30. November bis zum 8. Dezember rumort, dröhnt und qualmt es auf 110.000 Quadratmetern in den 18 Messehallen mitten im Pott. Über 500 Aussteller aus 20 Nationen stellen über 1.100 Exponate nebst knapp bekleideter junger Damen aus.
Doch auch sie schaffen es kaum, von der Lieblosigkeit vieler Stände abzulenken. Die bis zu 15 Euro pro Karte und zusätzlich acht Euro pro Parkplatz zahlenden Autofans kommen dennoch auch bei der bereits 46. Essen Motor Show in den Genuss einiger weniger Fahrzeugpremieren. Das Hauptaugenmerk liegt seit einigen Jahren aber eh nicht mehr in der aufgeräumten Herstellerhalle 3, sondern in der Motorsportarena in Halle 7. Ohrenstöpsel liegen aus, neue Lungen nicht. Macht den meisten Besuchern aber gar nichts, denn für das Finale des Gymkhana Drift Cup 2013 darf auch mal die Gesundheit dran glauben.
Wesentlich steriler geht es in der Halle 3 der großen Fahrzeughersteller zu. Egon Gallinis, Geschäftsführer des Messe Essen schwärmt: "Wir freuen uns sehr, dass viele Hersteller den Weg zu uns nach Essen gefunden haben." Vor allem Opel scheint sich seiner Motorsportvergangenheit und somit auch der Essen Motor Show-Zugehörigkeit zu entsinnen und schickt gleich eine ganze Schar an vierrädrigen Vehikeln auf die Messe. Unter ihnen das flügeltürige Opel Monza Concept Car und die Messepremiere des Opel Adam Rallye 2. Er basiert auf dem Adam Cup-Boliden und weist rund 45 PS mehr Leistung auf als sein 140 PS starker kleiner Bruder.
In unmittelbarer Nähe ist der nun in zwei Varianten erhältliche Skoda Yeti zu sehen. Sowohl Städter als auch Offroadfans bekommen nun das, was sie wollen. Auf demselben Stand in Halle 3 steht der 220 PS starke und 248 km/h schnelle Skoda Octavia RS. Mit 850 PS fast viermal so stark steht auf einem der am meisten fotografierten Messestände der Brabus 850 6.0 V8 Biturbo in Halle 11. "Der ideale Hundetransporter", meint Brabus-Chef Bodo Buschmann. Die Weltpremiere basiert auf dem Mercedes-Benz E 63 T-Modell und bringt satte 1.450 Newtonmeter Drehmoment auf die Straße.
"Noch nie gab es solch eine Zusammenstellung historischer Maserati, wie hier in Essen."
Das Leben eines Serienfahrzeugs beginnt stets mit einer Konzeptphase. Die Essen Motor Show spendiert dem eine eigene Sonderschau in Halle 3. Besonders ein grimmig dreinschauender Mercedes Ener-G-Force macht dort auf sich Aufmerksam. Der vor einem Jahr aus einem Designwettbewerb im Rahmen der L.A. Auto Show entsprungene Polizeiwagen der Zukunft, gedacht für den Einsatz sowohl im urbanen als auch im groben Gelände, fährt rein elektrisch und soll rund 800 Kilometer weit kommen.
Das Experimentalfahrzeug Brutus in Halle 1 könnte rein theoretisch auch unter die Riege der Konzeptfahrzeuge fallen, doch hat die 750 PS starke Höllenmaschine nichts mit einer automobilen Zukunft gemein. Der BMW-Flugmotor mit einem Hubraum von unglaublichen 47 Litern, der irgendwie in das Chassis eines 1907er American La France-Boliden gequetscht wurde, verbraucht mehr als 200 Liter pro Stunde.
Nicht der Rede wert wirkt dagegen der Verbrauch des Maserati Tipo 300S, der im Rahmen der Sonderschau 100 Jahre Maserati in Halle 1 steht. Der 260 PS starke Italiener schaffte schon in den 50er-Jahren Geschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde. Anton Leon Franssen, Geschäftsführer S.I.H.A. verrät: "Noch nie gab es solch eine Zusammenstellung historischer Maserati, wie hier in Essen."
In ihren Basisversionen nicht minder schnell sind die Bikes der Sonderschau Motorräder in Halle 4. Doch wenn ein Österreicher wie Georg Ehrschwendner Hand an eine Rennsemmel legt, dann kann es passieren, dass sie anschließend gar nicht mehr fahren kann. Zwei seiner bis zur Unkenntlichkeit veränderten Maschinen hat er auf die Essen Motor Show mitgebracht. Eine seiner neuesten Kreationen: ein Pharaonen-Motorrad, inspiriert von der alten ägyptischen Kultur. Dank mit Glasfaser verstärktem Kunststoff (GFK) glänzt die Oberfläche der einstigen Suzuki Hayabusa nun in Gold. Mehr PS als Gold hat Rennfahrer Michael Kaupat normalerweise unter seinem Hintern. Seine bei internationalen Beschleunigungsrennen rasende Suzuki GSX1300R ist auf 1.544 Kubik und 500 PS aufgemöbelt worden. Bis zum 8. Dezember steht sie in Halle 4.
Zu den Besonderheiten der Essen Motor Show gehören natürlich (oder besser gesagt: vor allem) die internationalen Top-Tuning-Unternehmen, die ihr handwerkliches Können zeigen. Von Zubehörteilen und Fahrzeug-Komponenten bis hin zu aufwändig gestylten Komplett-Fahrzeugen ist auch in diesem Jahr wieder nahezu alles zu finden. Nicht zu vergessen der Oldtimermarkt und die vielen Zeitschriftensammler und Kleinteilehändler, die eine echte Essen Motor Show erst zu dem machen, was sie ist: ein riesen Familientreffen von positiv Autoverrückten.
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