Der Job eines Flying Doctors ist nicht immer ganz einfach. Das liegt zum einen an den diffizilen Problemen, die auch einen Bentley oder Rolls-Royce ereilen. Und zum anderen an den Sonderwünschen der oftmals steinreichen Kunden.
Da braucht man schon gute Nerven. "Ein Kollege von mir reparierte einmal das Auto eines afrikanischen Herrschers und durfte so lange nicht das Land verlassen, bis das Fahrzeug wieder einwandfrei lief. Die haben einfach seinen Reisepass einbehalten. Dadurch hat er seinen 24. Hochzeitstag verpasst", erzählt Rob Evans einer der Reparatur-Spezialisten bei Bentley.
Die Flying Doctors der Luxus-Automarken sind so etwas wie die Not-Eingreiftruppe. Sie schreiten zu Tat, wenn der örtliche Händler nicht mehr weiter weiß. Bei Roll-Royce und Bentley sind jeweils drei Spezialisten in den Firmenzentralen Crewe beziehungsweise Goodwood stationiert, die dann in alle Regionen der Welt reisen, um vor Ort zu helfen.
Doch das ist nicht immer notwendig. Da die Autos zunehmend zu rollenden Computer mutieren, die ins Internet eingebunden sind, können viele Pannen schnell per Internet oder Telefon gelöst werden. Oft werden die Spezialisten schon vom Pannendienst über das Ausmaß des Defekts informiert und können dann die Reparatur in die Wege leiten.
Für schnelle Ferndiagnosen und problemlösendes Handeln, braucht man Routine und Ruhe. Evans hat 31 Jahre Bentley-Problemlösung auf dem Buckel. Darunter vier Jahre als Lehrling und drei als Ingenieurs-Student. Zusammen mit seinen beiden Kollegen bringt er es auf über 50 Berufsjahre. "Erfahrung ist immens wichtig", sagt auch James Fisher von Rolls-Royce, der sich um die Phantoms und Ghosts dieser Welt kümmert.
Zehn Stunden Flug für 20 Minuten reparieren
Aber nicht immer ist es möglich, das Problem per Ferndiagnose zu lösen. Dann heißt es: Koffer packen und ab ins Flugzeug. Das Gepäck ist überschaubar, da die meisten Spezialwerkzeuge beim lokalen Händler vorhanden sind. Der Flying Doctor hat meistens nur einen Koffer voller Extra-Werkzeuge und einen Laptop dabei. Die fliegenden Spezialisten verbringen jeweils rund 60 bis 70 Nächte pro Jahr im Ausland. Manchmal ist die Reise recht ineffizient. "Nach einem 10,5-Stunden-Flug war das Problem in 20 Minuten gelöst", erzählt Rob Evans einen Fall.
Die Flüge zu den Kunden gestalten sich auch immer mal wieder abenteuerlich. Einmal wurden zwei Rolls-Royce mit einem Militärflugzeug zu einem königlichen Palast geflogen. Deswegen musste der Techniker hinten im Frachtraum bei den Autos sitzen. Nach einiger Zeit bemerkte der Flying Doctor einen seltsamen Geruch. "Als er nach vorne ging, um die Besatzung auf ein Problem aufmerksam zu machen, sah er, dass sich die beiden Piloten ein Toast gemacht hatten", lacht Rolls-Royce-Flying Doctor James Fisher.
Da die Technik der Autos immer ausgefeilter wird, nimmt die Ursachenforschung bisweilen forensisch-detektivische Züge an und die Suche zieht sich über Stunden hin. Manchmal ist es dann nur ein kleines Kabel oder ein Sensor, der eine große Wirkung hat.
So individuell wie die Autos
Die Reparatur führen die Spezialisten immer zusammen mit den Mechanikern des lokalen Händlers durch, damit diese Erfahrung sammeln. Nicht immer steht das Auto in der Werkstatt und wartet auf die Reparatur. Wer ein Luxus-Mobil fährt, erwartet einen besonderen Service - und der findet in der Regel auf dem Grundstück des Kunden statt. Da kann es schon mal vorkommen, dass der Flying Doctor statt per Handschlag von wütenden Rottweilern begrüßt wird. Ein Telefonat aus sicherer Entfernung brachte in dem Fall dann Licht ins Dunkel und ermöglichte doch noch die Reparatur.
Dabei sind die Fahrer und deren Wünsche so individuell wie die Sonderausstattungen der Fahrzeuge. "In Deutschland beschweren sich die Kunden schon mal, dass das Auto nicht die angegebenen 305 km/h läuft", sagt Evans. Im Fernen Osten dreht es sich um andere, bisweilen rudimentäre, Probleme. "In China hatte ein Kunde einen seltsamen Geruch im Auto. Ich fuhr den ganzen Nachmittag herum, konnte aber nichts feststellen. Wahrscheinlich war es nur die Verschmutzung in der Stadt", berichtet der Bentley-Spezialist weiter.
Die meisten "Patienten" sind moderne Fahrzeuge. Doch das eine oder andere Mal mutiert der Hilfseinsatz zu einer Reise in die Vergangenheit. "Manchmal werde ich zu Oldtimern aus den 20er und 30er Jahren gerufen", erzählt Rob Evans und man sieht ihm die Freude über seinen Job an.
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