Mit einem Mercedes SLS gibt es nur zwei Fahrmodi. Den ersten sollte man auf Autobahnen, Rennstrecken und kurvigen Bergstraßen wählen. Motor starten, dann über den Drehregler auf der Mittelkonsole in den Sport- oder Sport-Plus-Modus wechseln - und ab geht die Post. Der 6,2 Liter große Achtzylinder grollt und brüllt. Das Fahrverhalten ist schlicht sensationell. Der SLS vermittelt jederzeit das Gefühl, dass er genau das macht, was sein Pilot von ihm möchte.
Der 420 KW/571 PS starke V8-SLS-AMG hat Kraft in Lebenslagen und davon mehr als genug. Von 0 auf 100 km/h geht es in irgendwas unter vier Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei knapp 320 km/h. Was für ein Auto. Der niedrige Schwerpunkt, die präzise Lenkung und die vorbildliche Kraftverteilung von 47:53 Prozent der 1,7 Tonnen Leergewicht verzaubern jeden Piloten. Die Bremsen – einfach klasse. Dieses Fahrgefühl – einfach unbeschreiblich.
Das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe könnte beim Herauf- und Hinunterschalten jedoch etwas bissiger zur Sache gehen. Da setzt Ferrari mit dem 458er Italia imposante Bestwerte. Doch ansonsten ist der Fahrspaß in einem Mercedes SLS kaum zu steigern. Außer vielleicht beim Kraftstoffverbrauch. Wer nur halbwegs real mit dem Aushängeschild der Marke Mercedes unterwegs ist, der presst auf 100 Kilometern nicht unter 17 Liter durch die Einspritzdüsen. Ein Geheimnis, wie der offizielle Normverbrauch von 13,2 Liter zustande gekommen sein mag.
Dagegen kein Geheimnis, dass der SLS AMG demnächst das doppelt aufgeladene Turboaggregat aus den AMG-Modellen E, CLS und S bekommen dürfte. Damit gibt es die gleiche Leistung wie beim Sauger - ohne den nimmersatten Durst. Immerhin steht bei 4.750 U/min schon jetzt ein maximales Drehmoment von 650 Nm zur Verfügung.
Der zweite Fahrmodus des SLS offenbart derweil ein ganz anderes Bild. Der Flügeltürer kann auch den Cruiser machen. Lässiges Gleiten mit niedriger Drehzahl und bulligem Blubbern aus der Auspuffanlage sind ein fast ebenso großer Genuss wie die Kurvenjagd. Innerhalb geschlossener Ortschaften allerdings sollte man mit dem Gasfuß sorgsam umgehen. Dabei geht es weniger um die Leistungsausbrüche, sondern schlicht um die Geräuschentwicklung. Das Sounddesign des Mercedes SLS ist schlicht sensationell - in jedem Drehzahlbereich.
In der Innenstadt zeigt der SLS, dass er einen unglaublichen Sympathiewert besitzt. Dass an einem einzigen Morgen zwei Radfahrer und eine Frau auf einem Motorroller bereits beim Vorbeifahren an unserem Praxistester den Daumen in die Höhe reckten, ließ schon außergewöhnliches ahnen. Dass sich im spätabendlichen München dann zwei Gäste einer Szene-Bude mit "tolles Auto" verabschieden und eine Politesse am Tag darauf den Strafzettel für das Überschreiten der Parkzeit mit den Worten "was für ein schönes Auto – da will ich einmal ein Auge zudrücken" in der Tasche lässt, verwundert dann schon kaum noch.
Immerhin liegt der Boliden mit einem Basispreis von mindestens 178.000 Euro deutlich über der üblichen deutschen Neidgrenze. Doch wo bei anderen Autos dieser Kategorie im günstigsten Fall der Stinkefinger gezeigt und im Extremfall beim Vorbeifahren vom Fahrrad aus der Lack zerkratzt wird, gibt es beim SLS AMG anscheinend weder Neid noch Missgunst. Die Leute schauen, die Leuten fragen – egal in welchem Alter. Und nur strahlende Gesichter. Sowas schaffte bei einem Auto mit dem Stern zuletzt der SLR McLaren. Oder in den 50er Jahren der 300 SL.
Dabei ist der Mercedes SLS alles andere als nur ein extravaganter Supersportler, den man höchstens am Wochenende auf ein paar schnellen Runden aus der Garage holen mag. Der Komfort im Innenraum ist gut. Die Sitze passen vortrefflich, obwohl die Bedienung seitlich und außen am Gestühl alles andere als optimal ist. Die zwei silbern hinterlegten Runduhren und das zentrale Digitaldisplay sind für einen Sportwagen dieser Kategorie zudem unglaublich lieblos. Noch mehr gilt das für die Bedienung von Navigation, Soundsystem und Telefon. Auf der Mittelkonsole Schalterbatterien, die man sonst aus der Mercedes C-Klasse kennt. Positiv fallen dagegen die Aluminium-Lüftungsdüsen und das ebenso schmucke wie wohl klingende Soundsystem von Bang & Olufsen auf.
Und noch ein Minus auf der Liste: Das Zuziehen der Flügeltüren von innen ist für Personen unter 1,85 Metern alles andere als einfach. Da wurde bei der Ergonomie geschlampt. Und nicht nur hühnenhaft große Fahrer würden sich über ein paar Zentimeter mehr Kopfraum freuen. Der Sympathie allerdings tut das keinen Abbruch.
Technische Daten | ||
Mercedes-Benz SLS AMG | ||
Motor | V-Form | |
Zylinder | 8 | |
Hubraum (cm³) | 6208 | |
Leistung (kW/PS) | 420/571 | |
Zuladung(kg) | 315 | |
Gesamtgewicht (kg) | 1935 | |
0-100 km/h (s) | 3,8 | |
Vmax (km/h) | 317 | |
Verbrauch (L/100 km) | 13,2 | |
Kraftstoff | Super | |
Grundpreis (€) | 186.830 | |
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