Ein Donnern geht durch die Region Campagnano, rund 30 Kilometer nördlich von Rom. Die Sportwagen rasen über die Start- und Zielgerade der Rennstrecke von Vallelunga und biegen dann in die schnelle Rechtskurve ein. Für die Anwohner sind brüllende Motoren nichts Ungewöhnliches, denn Rennteams und Autohersteller lassen auf dem Kurs immer wieder einmal ihre Boliden von der Leine. An diesem Morgen ist es der neue Lamborghini Aventador LP 700-4 der hier um die Kurven tanzt. Sein Sound ist wild und das Fahrvergnügen grandios.
Wüsste man es nicht besser, so könnte man den Aventador LP 700-4 auch für eine aufgefrischte Version des Kleinserienmodells Reventon handeln. Doch Projektmanager Stefano Cossalter wird nicht müde, die komplette Neuentwicklung des Supersportwagens immer wieder zu beschreiben. Der 33jährige hat die Geburt des Aventador in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt miterlebt. Seine Augen strahlen, wenn er von dem neuen PS-Protz der Marke Lamborghini und dem jungen Team in Sant' Agata spricht. Er erinnert sich gut an die erste Testfahrt mit dem Prototyp auf der Teststrecke in Nardo. "Ich war sofort begeistert. Der Unterschied zum Murcielago war einfach unglaublich", sagt Cossalter. "Der Aventador lag so hart und steif auf der Strecke. Ich konnte es kaum glauben."
Nach ein paar Runden auf dem kurvigen Kurs von Vallelunga kann man Stefano Cossalter nur beipflichten. Das träge Visco-Allradsystem, das wenig stimmige Getriebe und das starke Untersteuern des Vorgängers gehören der Vergangenheit an. Hungrig und ungewohnt ausgewogen wirft sich der über 1,8 Tonnen schwere Supersportler souverän in die Kurven. Im normalen Strada-Modus zeigt er sich fast so zahm wie ein normaler Sportwagen von der Stange. Erst im Sport- und besonders im Corsa-Modus mit luftigem ESP wird er so bissig, wie es die meisten Kunden von einem Lamborghini erwarten. Die windigen Überraschungen im Murcielago-Grenzbereich sind vergessen.
Hochfeste Kohlefaser
Die Konstruktion aus hochfester Kohlefaser wurde bei Lamborghini völlig neu entwickelt. Besonderen Wert legten die Ingenieure auf den hochsteifen Rahmen und die zweiteilige Fahrgastzelle mit deutlichen technischen Anleihen an der aktuellen Formel-1. Auch der Zwölfzylinder, die Federung mit Pushrod-Dämpfung und das sequenzielle Getriebe wurden völlig neu entwickelt.
Im Innenraum ist - neben dem Fahrwerk - der Unterschied zum Vorgänger am auffälligsten. Auch mit 1,90 Metern Körpergröße kann man in dem Neuen immer noch bequem sitzen. Der schmalere Mitteltunnel und die geometrisch angehauchten Auswölbungen im Dach machen sich positiv bemerkbar. Die Bedienelemente muten endlich nicht mehr an wie in einem Fiat-Billigmodell der frühen 80er Jahre.
Wer sich für einen der 700 pro Jahr produzierten Aventadore entscheidet, der hat höchste Ansprüche. In den Garagen der Kunden stehen zumeist noch eine ganze Reihe von anderen Fahrzeugen wie Range Rover, Porsche 911, Ferrari 599 oder Rolls-Royce Phantom. "Unsere Kunden fahren mit dem Aventador keine langen Strecken. Jahreslaufleistungen von 1.000 oder vielleicht 3.000 Kilometern sind nicht ungewöhnlich", erklärt Stefano Cossalter. Die Seriensitze sind gut, lassen jedoch noch Raum für echte Sportstühle mit mehr Beinauflage und mehr Seitenhalt. Die Schaltung passt deutlich besser als die aus dem Murcielago. Dafür würde man sich im Anlenkbereich eine etwas bissigere, direktere Lenkung wünschen.
Doch wie es sich für einen Supersportler gehört, will sich der Aventador in erster Linie durch Fahrleistungen und Design in Szene setzen. Das 6,5-Liter-V12-Triebwerk leistet 700 PS. Damit spurtet der Aventador, auch dank Allradantrieb und Renngetriebe, in 2,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h. Dem Plus an Fahrleistungen steht ein signifikantes Minus beim Verbrauch gegenüber. So sank der Durst des Kampfstieres um 20 Prozent auf 17,2 Liter. Zugegeben: Dafür interessiert sich in diesem Segment sowieso niemand. So oder so wird es schwer, einen angemessenen Konkurrenten zu finden. Auch wegen des Preises, der bei 313.000 Euro liegt.
Technische Daten | ||
Lamborghini Aventador LP 700-4 | ||
Motor | V-Form | |
Zylinder | 12 | |
Hubraum (cm³) | 6498 | |
Leistung (kW/PS) | 515/700 | |
Zuladung(kg) | keine Angabe | |
Gesamtgewicht (kg) | keine Angabe | |
0-100 km/h (s) | 2,9 | |
Vmax (km/h) | 350 | |
Verbrauch (L/100 km) | 17,2 | |
Kraftstoff | SuperPlus | |
Grundpreis (€) | 313.000 | |
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