Auto + Motor + Katalog + Test = www.alle-autos-in.de: Auf uns fahren Sie ab
DAS AUTO-MAGAZIN IM INTERNET
SucheInhalt
Interview: 800 CNG EcoFuel Tour
Nische oder Durchbruch?
 EcoFuel Tour

Rainer Zietlow hat alle Erdgastankstellen Deutschlands besucht. Im Interview spricht er über regionale Unterschiede in der Abdeckung, seine Motivation - und macht Vorschläge für ein besseres Tankstellennetz.

? Herr Zietlow, in welchem Zustand befindet sich das deutsche Erdgas-Zapfsäulen-Netz?
Rainer Zietlow: Die technische Situation ist überwiegend gut. Wir hatten eine Ausfallrate von weniger als einem Prozent. Die allermeisten Stadtwerke und Mineralölkonzerne stehen hinter dem Kraftstoff Erdgas, was man auch am guten optischen und technischen Zustand der Zapfanlagen merkt sowie an einer guten Ausschilderungen der Tankstellen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, da manche Tankstellenbesitzer nicht in ihre Anlagen investieren.

 EcoFuel Tour - Foto: Viehmann

? Gibt es Tankstellen, die man nicht empfehlen kann?
Rainer Zietlow: An Bus-Betriebshöfen macht das Tanken nicht unbedingt Freude. Die sind häufig zu abgelegen, schlecht beleuchtet und schlecht gepflegt. Die Zahlung erfolgt quasi im Dunkeln per Bauchkasse.

? Zurzeit gibt es rund 830 Erdgas-Stationen. Haben Sie bei der Abdeckung regionale Unterschiede festgestellt?
Rainer Zietlow: Die beste Abdeckung gibt es in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Das ist auch geologisch bedingt, denn dort befinden sich einige Erdgasfelder. Es gibt immer noch einige "weiße Flecken" auf der Landkarte, zum Beispiel in manchen Regionen in Nordbayern, Mecklenburg-Vorpommern oder der Südeifel. Trotzdem hat die Erdgasbranche das Ziel, das sie sich vor einigen Jahren gesetzt hat - Tankstellen alle 25 Kilometer im ländlichen und alle 5 Kilometer im urbanen Bereich – bald erreicht. Ganz wichtig ist jetzt, viel mehr Tankstellen an Autobahnen zu errichten.

? Und dann hätte man eine ideale Abdeckung?
Rainer Zietlow: Eine zufrieden stellende Abdeckung hätte man bei 1500 Tankstellen sein. Dann sind Langstrecken und lästige Umwege möglich.

Anzeige

? Was sollte die Branche noch tun, um Erdgasfahrzeuge attraktiver zu machen?
Rainer Zietlow: Es sollte eine Preisausschilderung in Benzin-Äquivalent geben, wie es die Schweizer schon seit mehreren Jahren haben. Dann kann man auch besser sehen, dass Erdgas wirklich billiger ist als Autogas. Konzertierte Marketingaktionen könnten den umweltfreundlichen Kraftstoff ebenfalls nach vorn bringen, und auch der Autohandel sollte sich mehr zum Erdgasfahrzeug bekennen.

? Warum entscheiden sich eigentlich Leute für ein Erdgasfahrzeug? Sie haben auf Ihrer Tour ja zahllose Erdgas-Fahrer kennen gelernt.
Rainer Zietlow: Bei etwa 80 Prozent der Leute sind die Kosten ausschlaggebend – man tankt im Vergleich zu Benzin schließlich für die Hälfte, was sich auch auf meiner Deutschlandtour immer wieder bestätigt hat. Bei 20 Prozent sind es ökologische Gründe, zum Beispiel der geringere CO2-Ausstoß. Interessanterweise haben wir an den Tankstellen nur selten Frauen angetroffen. Vielleicht liegt das daran, dass Erdgas-Tanken immer noch ein bisschen komplizierter ist als an einer normalen Tankstelle.

, Interviews
Entscheidende Phase
, Interviews

? Sind Sie auf besonders ungewöhnliche Erdgasautos getroffen?
Rainer Zietlow: Das waren häufig umgerüstete Fahrzeuge – ein Polo mit einer 20 Kilogramm-Flasche im Kofferraum zum Beispiel, ein Erdgas-Smart oder ein Ford Mondeo, bei dem sich der Tankstutzen unter der Motorhaube befand. So etwas sieht man in Deutschland sehr selten. Außerdem haben wir den Fahrer eines BMW 518g getroffen – ein Auto, das heute kaum noch einer kennt.

? Sie waren in einem Passat TSI EcoFuel unterwegs. VW verspricht sich viel von der Kombination aus Erdgasantrieb und Turbomotor. Gibt das dem Erdgasauto neuen Schub?
Rainer Zietlow: Da bin ich mir sehr sicher. Bislang galten Erdgasautos als sparsam und umweltfreundlich, aber ziemlich lahm. Mit der Turbo-Technologie kann man Sparsamkeit und Fahrspaß verbinden – das ist vielen Autofahrern einfach wichtig. Meiner Ansicht nach befindet sich das Erdgasauto gerade in einer entscheidenden Phase: Entweder es bleibt ein Nischenprodukt – bislang gibt es etwa 70.000 Erdgasfahrzeuge in Deutschland – oder es kommt der große Durchbruch. Die neuen Motoren könnten dazu entscheidend beitragen.

? Nicht alle deutschen Hersteller sind vom Erdgasauto überzeugt.
Rainer Zietlow: Es ist schade, dass BMW aus diesem Bereich ausgestiegen ist. Die Autoindustrie und insbesondere der Autohandel müssten sich mehr zum Erdgasfahrzeug bekennen, so wie es VW, Opel und Mercedes tun. Wichtig ist auch, dass die Leute Vertrauen in den Kraftstoff haben. Viele stellen sich die Frage, was nach dem Auslaufen der Steuersubventionen für alternative Kraftstoffe passieren wird. Und auch das Thema Versorgungssicherheit spielt eine Rolle.

? Eines Ihrer Ziele war die erste Biogastankstelle Deutschlands, in der die Versorgungssicherheit kein Thema ist – der Kraftstoff wird mit Rohmaterialien aus der Landwirtschaft selbst erzeugt. Ist das ein Zukunftsmodell?
Rainer Zietlow: Auf jeden Fall. Biogas hat nicht nur den Vorteil der CO2-Neutralität, sondern kann auch die deutsche Landwirtschaft unterstützen. Das wäre in jedem Fall ein Anker, um das Thema Erdgas weiter nach vorn zu bringen. Hier muss unbedingt die Politik helfen, indem sie den Anteil der Biogas-Beimischung erheblich erhöht.

 
 EcoFuel Tour - Foto: Janusiewicz
 EcoFuel Tour - Foto: Janusiewicz
 EcoFuel Tour - Foto: Janusiewicz
 EcoFuel Tour - Foto: Janusiewicz
Mehr Fotos am PC

Text: | Fotos: Janusiewicz


Anzeige
 Gefunden bei AutoScout24
 

© Copyright 2004 - 2019 by www.alle-autos-in.de
Anzeige