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Hyundai macht längst auch in Europa ernst. Die Modelle stimmen, die Verkaufszahlen sowieso. Doch geht es um Emotionalität und Markenwerte, haben die Koreaner noch einiges aufzuholen. Das soll der Hyundai Genesis ändern, der in kleinen Volumina auch in Deutschland eine Duftmarke setzen soll. Für rund 65.000 Euro lässt er als Konkurrent von BMW 5er, Audi A6 und Mercedes E-Klasse keine nennenswerten Wünsche offen - eine Art koreanischer VW Phaeton also. Im Innern und an der Front gibt es schlichte Genesis-Signets zu sehen. Nur am Heck glänzt verstohlen der Hyundai-Schriftzug.
Die Rahmenbedingungen könnten schwerer nicht sein. Auf dem Heimatmarkt der deutschen Premiums scheint der 4,99 Meter lange Koreaner schon vor seinem Start auf verlorenem Posten. Wie soll er, ausschließlich als 3,8 Liter großer Benziner und ohne Chancen auf ein Dieseltriebwerk, eine Chance haben gegen das einheimische Triumvirat? Bei der Frage nach den Stückzahlen hält sich Hyundai dementsprechend zurück und will sich nicht in Karten schauen lassen. Ein paar hundert Genesis schätzen die paar Hyundai-Händler, die in ihrem Kundenstamm Potenziale für das vergleichsweise hochpreisige Segment der Oberklasselimousinen sehen.
Aber darum geht es den Koreanern auch nicht in erster Linie: "Der Genesis zeigt, was wir können", sagt Produktmanager Christian Löer nicht ohne Stolz, "und er gibt zudem einen Ausblick in unsere Zukunft." Löer macht keinen Hehl daraus, dass es sich beim Genesis um kein europäisches Auto handelt. "In Korea und den USA ist er sehr erfolgreich", sagt er. Allein im vergangenen Jahr wurden in den USA fast 20.000 Fahrzeuge verkauft.
Die Gründe dafür liegen nicht nur in einem sehenswerten Äußeren. Der Hyundai Genesis bietet zudem für einen fairen Preis allen nur erdenklichen Luxus. Vier klimatisierte und vollelektrisch einstellbare Sitze sind ebenso serienmäßig wie ein Komplettpaket an Fahrerassistenzsystemen, üppige Platzverhältnisse und standesgemäßer Vortrieb.
Hyundai Europe lässt seinen Landesverbänden denn auch keine Wahl und bietet den Genesis europaweit nur in einer Konfiguration an. Neben der Vollausstattung gibt es unter der Motorhaube einen 3,8 Liter großen Sechszylinder mit Achtgangautomatik und serienmäßigen Allradantrieb. Das 4x4-Paket wurde zusammen mit Magna entwickelt und verteilt die Motorleistung variabel zwischen beiden Achsen.
Auf dem Heimatmarkt Korean gibt es den noch größeren Equus, der gegen BMW 7er und Mercedes S-Klasse antritt
Der Direkteinspritzer bietet zwar keine Fahrleistungen wie der in Asien und den USA ebenfalls erhältliche Fünfliter-V8 - aber genug um dynamisch unterwegs zu sein. Der V6-Sauger leistet 232 kW/315 PS und bei 5.000 U/min ein maximales Drehmoment von 397 Nm. Von 0 auf 100 km/h schafft es der Allradler in 6,8 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird bei ungewöhnlichen 240 km/h abgeregelt.
Ein Wunder an Sparsamkeit ist der Koreaner mit einem Normverbrauch von 11,6 Litern Super auf 100 Kilometern nicht. Und nicht zuletzt deswegen würde ein drehmomentstarker Sechszylinder-Diesel in der Oberklasselimousine vorzüglich passen. Doch für den kleinen europäischen Markt lohnt eine solche Entwicklung nicht. Und im Rest der Welt haben Diesel nach wie vor keine Chance. Dabei kann der 3,8 Liter große Benziner allemal überzeugen. Und schließlich geht es Hyundai in erster Linie darum, auch in Europa zu zeigen, dass man weltweit mehr Modelle baut als nur Klein- und Kompaktmodelle sowie SUV. Auf dem Heimatmarkt Korean gibt es den noch größeren Equus, der gegen BMW 7er und Mercedes S-Klasse antritt.
Der unaufgeregte Motor passt zum überzeugenden Reisekomfort des Genesis. Die Achtgangautomatik schaltet weich im Hintergrund. Und so gewöhnt man sich schnell selbst an die gefühllose Lenkung es Koreaners. Die ist ebenso wie Motorelektronik, Getriebe und Fahrwerk in den drei Modi Eco, Normal und Sport auf Knopfdruck zu variieren. Wirklich groß sind die Unterschiede nicht. In keinem der Programme lässt sich das üppige Gewicht von über 2,1 Tonnen überspielen. Hölzern federt der Hyundai Genesis über kleine Unebenheiten, obschon er größere Schläge deutlich komfortabler schluckt. "Das Auto wurde für den europäischen Markt komplett anders abgestimmt", versichert Christian Löer, "wir haben das Fahren hierbei um 180 Grad gedreht."
Das war im edlen Innerraum nicht nötig. Denn der gefällt, mit edlem Leder bezogen und offenporigen Hölzern verziert, auf allen Märkten. Elektromotoren schließen lautlos Türen, Dach, Fenster und die Heckklappe. Ein spezieller CO2-Sensor soll dafür sorgen, dass die Müdigkeit bei den Insassen keine Chance hat. Doch dafür sollte schon der sehenswerte Auftritt des Hyundai Genesis sorgen. Ein derartiges Paket für 65.000 Euro gibt es derzeit wohl nicht noch einmal.
