Es war schon lange kein Geheimnis mehr - doch jetzt präsentiert Lancia ganz offiziell seine neue Modellpalette. Auf dem Genfer Salon stehen im März vier Autos, die auf Chrysler-Modellen basieren: Der Minivan Grand Voyager, die große Limousine Thema sowie der Flavia als Limousine und Cabriolet. Die beiden letztgenannten Modelle zeigen die Italiener offiziell noch als "Concept Cars".
Der Thema basiert auf dem Chrysler 300. Die Italiener bezeichnen den 5,08 Meter langen Wagen als "globales Flaggschiff". Im Interieur warten eine Poltrona Frau-Lederausstattung, ein elektrisches Panoramadach und ein Touchscreen-Navigationssystem. Zu den weiteren Optionen zählen Rückfahrkamera, Abstandsregeltempomat und Auffahrwarnung. Unter der Haube stecken ein 3,6 Liter großer V6-Benziner mit 292 PS oder ein 3,0 Liter großer Turbodiesel mit 190 bis 224 PS.
Ein 3,6 Liter großer Benziner und ein Dieselmotor kommen im Lancia Grand Voyager zum Einsatz, den man hierzulande bislang als Chrysler Grand Voyager kannte. Der Minivan soll nach Lancia-Lesart eine "Großraumlimousine der Oberklasse" werden. Auftrumpfen konnte der Wagen, der immerhin das Minivan-Segment begründet hat, stets mit seinem höchst variablen Sitzkonzept.
Hinter dem Namen Flavia schließlich verbirgt sich der Sebring-Nachfolger Chrysler 200. Der Wagen dreht sich in Genf als Limousine und Cabriolet auf dem Präsentierteller und gilt offiziell noch als Konzeptstudie. Der Produktionsanlauf für Europa sei aber innerhalb von sechs Monaten möglich, hört man aus Italien. Zu den Motoren macht Lancia noch keine Angaben. Beim Chrysler 200 kommen ein Vierzylinder mit 173 PS sowie ein V6 mit 283 PS zum Einsatz – in Europa wäre das reichlich übermotorisiert.
Sparsame Fiat-Motoren
Neben den umetikettierten Chrysler-Modellen zeigt Lancia in Genf auch den neuen Ypsilon. Der in Italien sehr erfolgreiche Kleinwagen ist quasi die Edel-Alternative zum Fiat 500. Der knapp 3,8 Meter lange Lancia ist nun erstmals als Fünftürer zu haben und soll im Juni beim Händler stehen. Der Ypsilon ist in einer Zweifarblackierung erhältlich und mit Extras wie Einparkautomatik oder Xenonscheinwerfern bestellbar.
Unter der Haube warten sparsame Motoren aus dem Fiat-Konzern, zum Beispiel der 1,3-Liter Diesel mit 95 PS oder der 0,9 Liter große Zweizylinder-Benziner mit 85 PS und automatisiertem Schaltgetriebe. Ebenfalls in Genf zu sehen ist das Facelift des Kompaktwagens Delta. Er gehört neben dem Musa und dem Ypsilon zu den Lancias, die nicht auf Chrysler-Modellen basieren.
Ob das umstrittene "Badge Engineering" – so nennt man die Kreation nahezu identischer Modelle unter verschiedenen Markenlogos – erfolgreich ist, wird sich zeigen. In den USA ist Badge Engineering seit Jahrzehnten gang und gäbe. Schon immer wurden bestimmte Dodge-Modelle unter der Marke Plymouth oder Ford-Fahrzeuge als Mercurys verkauft.
Gefahr der Verwässerung
Dass es Plymouth oder Mercury nicht mehr gibt, zeigt aber auch die Gefahr der Marken-Verwässerung. Sie mussten genau wie die GM-Ableger Oldsmobile, Pontiac und Saturn dran glauben, weil es keine eigenständigen Konzepte oder unterschiedliche Käuferschichten gab, mit denen die Hersteller in der Krise das Überleben der Marken hätten rechtfertigen können.
Andererseits verleihen die neuen Modelle der Marke Lancia, die außerhalb Italiens kaum eine Rolle spielt, wieder eine Perspektive. Seit dem 2009 eingestellten Thesis hatte Lancia keine Limousine mehr - nun kommen mit dem Thema und dem Flavia gleich zwei angerollt. Eingefleischten Lancia-Fans mögen beim Gedanken an den ursprünglichen Thema und vor allem an die traditionsreiche Modellreihe Flavia die Gesichtszüge entgleisen. Wenn Qualität, Ausstattung und Preis stimmen – bislang haben die Italiener zu keinem ihrer neuen Modelle eine Preisliste veröffentlicht - könnte sich Lancia aber durchaus neue Kundengruppen erschließen. Es gibt ja kaum noch alte Kundengruppen, auf die man Rücksicht nehmen müsste.
Die Chrysler-Modelle 300 und 200 jedenfalls machten auf der Detroit Motor Show schon einmal einen passablen Eindruck, was Innenraumambiente und Qualitätsanmutung angeht. Auch Chryslers neuer Pentastar-V6 schlägt sich in Autos wie dem Jeep Grand Cherokee sehr gut. Für den Minivan Voyager und den Flavia freilich müsste Lancia in Europa auch einen sparsamen Vierzylinder anbieten, von effizienten Dieselmotoren ganz zu schweigen. Das passende Knowhow von moderner Commonrail-Technik bis hin zu Fiats Multiair-System ist im Konzernbaukasten schließlich vorhanden.
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