Exakt 106 Euro und 80 Cent. Genau so viel hat sich Ford in den vergangenen Jahren für jede Pferdestärke eines GT bezahlen lassen. Eines 412 PS starken Ford Mustang GT wohlgemerkt. Ein PS-Preis, über den 1.000 ganz spezielle Ford-Kunden innerhalb der kommenden vier Jahre allerdings nur müde lächeln können. Denn sie müssen, nein sie dürfen, mindestens 807 Euro und 93 Cent pro GT-PS zahlen.
Allerdings sind die insgesamt 656 PS in einem ganz besonderen Carbon-Geschenk verpackt: im neuen Ford GT. Der bis zu 347 km/h schnelle Traum auf vier Rädern kommt nun doch endlich auf die Straße. Über vier Jahre lang geisterten Bilder, Daten und vermeintliche Fakten zu diesem GT rund um den Globus. Jetzt kommt er wirklich.
Und wie er kommt.
Bereits beim ersten Anblick sträuben sich die Nackenhaare. Das Design ist teuflisch. Vor allem das Heck erzeugt fast mehr Angst als Lust. Zugleich souffliert einem der autoaffine Teufel auf der Schulter: "Das ist mit Abstand das schärfste Auto der letzten Jahre. Das muss doch Abgehen wie Schmitz' Katze!" Mit der Vermutung, dass der kleine Schwefelstinker Recht behalten sollte, zwängt man sich ins Innere der im tiefsten Zustand nur 1,06 Meter flachen Flunder. Tiefster Zustand? Ja. Denn insgesamt bietet der Ford GT dank seines hydraulischen Federsystems zwei Fahrzustände plus einem Front-Anhebemodus bis Tempo 40. Wer superschnell unterwegs ist, der hat sieben Zentimeter Luft bis zum Asphalt. Wer über einen Bremshügel will, ganze 17. Normal sind zwölf.
Addiert man mental noch den Tempo 100-Sprint in unter drei Sekunden dazu, dann geht der Preis in Ordnung
Mit der Kopffreiheit hat die Bodenfreiheit natürlich nichts zu tun. Wobei der Begriff "Freiheit" ohnehin etwas fehl am Platz ist. Denn wer über oder unter den GT-Modelfahrermaße von 1,70 bis 1,90 Meter liegt, der sitzt eher unkomfortabel. Zu große Menschen scheitern am mangelnden Platz, zu kleine kommen nicht ausreichend genug an die um 15 Zentimeter verschiebbare Pedalerie heran. Viel ändern läßt sich trotzdem nicht: Der GT hat einen integrierten aber nicht sichtbaren Überrollbügel. Das Gesamtgewicht von Fahrer und Beifahrer darf nicht über 150 Kilogramm liegen. Das zumindest will ein am Fahrzeug angebrachter Aufkleber weismachen - ansonsten würde das zulässige Gesamtgewicht von 1.710 Kilogramm überschritten. Im Umkehrschluß kommt man auf ein fahrerloses Leergewicht von 1.560 Kilogramm.
Da bleiben wenig Kilos für Gepäck übrig? Sagen wir mal so: Wer nicht gerade seine Goldbarren in dem knapp elf Liter (in Worten: elf!) fassenden "Gepäck-Fach" hinter dem verglasten Motor transportieren möchte, der wird damit keine Probleme haben.
Was beim Betätigen des roten Start-Knopfes in der Mittelkonsole losbricht, rechtfertigt dann zumindest einen Teil des 530.000 Euro-Gesamtkaufpreises. Addiert man mental noch den Tempo 100-Sprint in unter drei Sekunden dazu, dann geht die Gesamtsumme in Ordnung.
Damit man sich auch im Rennbetrieb, sprich mit Helm und einer ordentlichen Portion Adrenalin im Blut, nicht nur auf die optischen LED-Schalthilfen verlassen muss, sondern auch auf das Gehör, dafür sorgen die Lautsprecherboxen im Innenraum. Denn nicht nur aus den beiden gewaltigen Endrohren am beflügelten Heck bricht ein satter Motorsound heraus, sondern auch aus den Boxen. Allerdings ohne technische Mogeleien und Verstärkungen.
Ist man erst einmal auf die Straße gerollt und hat den 3,5 Liter großen V6 mit Benzin durchflutet, geht es nach vorn. Die beiden angetriebenen 325er Cup-Reifen am Heck kämpfen um Traktion. Der 4,78 Meter lange Supersportler reißt wie ein wildgewordener Tiger an der Kette. Das Gaspedal noch vor Erreichen einer langen Geraden ganz durchzutreten - daraus wird nichts. Zu groß ist der Respekt vor der brachialen Leistung des Ford GT.
Soll es einmal noch schärfer ums Eck gehen, reicht ein kleiner Gruß vom rechten Fuß
Die hydraulische Lenkung überrascht durch ihre zwei Gesichter: ein leichtes Spiel in der Mittellage aber ansonsten hochpräzise und ganz sanft einlenkend. Lediglich mit Daumen und Zeigefinger lässt sich der 746 Newtonmeter starke Bolide durch die engen Kurven peitschen. Dank des nur 12,2 Meter messenden Wendekreises, den er mit dem Ford Mustang gemein hat, sind Kurvenradien möglich, die bis dato kaum jemand auf dem Zettel hatte. Und soll es einmal noch schärfer ums Eck gehen, reicht ein kleiner Gruß vom rechten Fuß.
Bereits nach wenigen Augenblicken im Renntempo wird klar, was Ford schon seit Jahren kommuniziert: "Wir wollen mit dem GT die 24 Stunden von Le Mans gewinnen." Sprich: Erst wurde das Rennauto entwickelt, woraus dann der Straßenwagen entstand. Le Mans haben sie gewonnen. Nun muss Ford nur noch 250 Kunden pro Jahr über einen Zeitraum von vorerst vier Jahren für das Projekt gewinnen. Das dürfte nicht wirklich ein Problem sein: Schon jetzt stehen 6.500 potentielle Kunden in den Startlöchern. Wer am Ende einen im kanadischen Markham produzierten Ford GT bekommt, steht jedoch nicht in den Sternen, sondern wird vielmehr durch einen fünf Punkte-Plan entschieden. So werden Sammler, GT-Besitzer, Prominente und herausragende Händler bevorzugt.
Der fünfte Punkt könnte aber auch für diese Damen und Herren zum Problem werden. Denn Ford setzt voraus, dass der neue GT auch tatsächlich regelmäßig gefahren wird. Laut Ford sollen da auch keine Adels- oder Filmtitel drüber hinweg helfen. Wer einen GT haben will, muss ihn erstens bezahlen können und zweitens auch fahren. Zudem werden die GT-Kunden gebeten den Wagen mindestens zwei Jahre lang zu halten. Wer sich daran nicht hält, wird zumindest den nächsten GT wohl nur von außen sehen dürfen.
Die Sounds zu diesem Auto auf |
Technische Daten | ||
Ford GT | ||
Motor | V-Form | |
Zylinder | 6 | |
Hubraum (cm³) | 3497 | |
Leistung (kW/PS) | 482/656 | |
Zuladung(kg) | 150 | |
Gesamtgewicht (kg) | 1710 | |
0-100 km/h (s) | 2,8 | |
Vmax (km/h) | 347 | |
Verbrauch (L/100 km) | 9,7 | |
Kraftstoff | SuperPlus | |
Grundpreis (€) | 530.000 | |
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