Es ist wie vor der angesagtesten Disco der Stadt: Wenn Ferrari in Genf ein neues Modell präsentiert, dann stauen sich Journalisten und Ferrari-Fans vor dem schmalen Eingang zum Messestand und tröpfeln erst einmal an der Security vorbei. Wer durch Gesichts- und Ausweiskontrolle kommt, darf seine Fotos machen und probesitzen. Der Rest muss draußen bleiben.
Das neue Rassepferd aus dem Stall von Maranello heißt Ferrari F12 Berlinetta und ersetzt den aktuellen Ferrari 599. Mit 740 PS Leistung und 690 Nm maximalem Drehmoment aus seinem 6262 ccm großen V12 ist er der stärkste Serien-Ferrari, den die Italiener bislang auf die Straße gebracht haben. In 3,1 Sekunden ist er auf Tempo 100, bei 340 km/h ist Schluss. Das alles bei einem offiziellen Durchschnittsverbrauch von rund 15 Liter pro 100 km. Auch das Karosseriedesign des nur 1,27 Meter hohen Hecktrieblers ist eine Klasse für sich: lange Schnauze, kurzes Heck, gewagt geschwungene Linien.
Außerdem hat Ferrari noch an seinem California geschraubt. Der Klappdach-Ferrari bringt es nun auf 490 statt 460 PS und ein maximales Drehmoment von 505 Nm (statt 485 Nm). Außerdem knappsten die Ingenieure ihm noch einmal 30 Kilogramm an Gewicht ab.
Gleich nebenan zeigt Maserati, was mit dem Dreizack aktuell so unterwegs ist. Viel Neues gibt es nicht - nur ein bisschen mehr Kraft unter der Haube. Der überarbeitet V8 des Maserati Gran Turismo Sport leistet jetzt 460 PS. Optisch gibt es eine neue Front mit LED-Scheinwerfern und größeren Lufteinlässen.
Einzelstück mit 700 PS
James Bonds hauseigene Autoschmiede senkt die Preise: Der Aston Martin Vantage kostet künftig 108.500 Euro - immerhin 6650 Euro weniger als bisher. In das 426 PS starke Basismodell bauen die Briten zudem eine direktere Lenkung aus den stärkeren S-Modellen ein, außerdem kräftigere Bremsen und breitere Reifen. Das automatisierte Schaltgetriebe rauscht künftig durch sieben statt sechs Schaltstufen. Aerodynamisch gibt es einen tieferen Spoiler und einen neuen Heckdiffusor. Außerdem steht in Genf der neue Aston Martin V12 Zagato, der auf dem Vantage basiert. Von dem 517 PS starken Aston, der 570 Nm maximales Drehmoment abliefert, sollen nur 150 Stück montiert werden.
Wenn schon, denn schon hat man sich bei Lamborghini wohl gedacht und präsentiert ein rot glänzendes offenes Einzelstück: 515 kW/700 PS sorgen beim Aventador J dafür, dass das Haar beim offen Fahren höchst unordentlich gescheitelt wird. Die schmalen Windschutzscheibchen vor Fahrer und Beifahrer helfen da nicht wirklich. Der Verzicht auf die Seitenscheiben ebenso wenig. Das gerade mal 1,5 Tonnen schwere und nur 1,1 Meter hohe Einzelstück in Kohlefaserbauweise dürfte so um die zwei Millionen Euro kosten und gibt schon mal einen Vorgeschmack auf das deutlich preiswertere Serienmodell, das 2013 kommen soll.
In der gleichen Preisklasse wie der Einzel-Aventador spielt der Bugatti Grand Sport Vitesse serienmäßig. Der bringt es so, wie er in Genf steht, auf gigantische 1200 PS und ein maximales Drehmoment von 1500 Nm - damit schlägt der Bugatti in der PS-Leistung locker Schiffsdiesel, wie sie zum Beispiel im Kreuzfahrtschiff Queen Victoria für den Vortrieb sorgen. Allerdings ist der offene Bugatti mit einem Höchsttempo von 415 km/h deutlich schneller als der Dampfer. Den Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 bekommt der Vitesse in weniger als drei Sekunden hin.
Da ist der Mercedes-Benz SL 63 AMG schon fast ein Spielzeugauto zum Sparpreis von 157.675 Euro. Der dank V8-Biturbomotor 537 PS und 800 Nm starke Roadster ist in 4,3 Sekunden auf Tempo 100, bei 250 Sachen wird abgeregelt. Wer die Drei vorne haben will, der kann das AMG Performance Package ordern. Dann rennt der Benz bis - dann ebenfalls abgeregelten - 300 km/h, absolviert den Standardspurt 0,1 Sekunden schneller und entlockt dem V8 564 PS und 900 Nm. Der SL-Renner kommt fast schon ökologisch korrekt mit Start-Stopp-Automatik daher und einem relativ bescheidenen Durst von 9,9 Liter auf 100 km.
Tempo 300 ist Pflicht
Im Alpina B5 Bi-Turbo sorgen zwei Lader für reichlich Druck. Das Ergebnis: 540 PS und 730 Nm maximales Drehmoment. Die Buchloer haben den Alpina außen nicht angetastet. Auch so reicht es, um die rund 100.000 Euro teure Limousine in 4,5 Sekunden auf 100 km/h zu katapultieren. Abgeregelt wird nicht: Bei 319 km/h macht er einfach nicht mehr weiter.
Lotus hat den Exige S für Genf aufgeschnitten und zeigt ihn dort als Roadster. Nach der reinen Lehre ist es zwar eher ein Targa - aber für genügend Sonnenschein auf den Gesichtern der Passagiere reicht es allemal. Der nicht mal 1,1 Tonnen leichte Lotus ist dank seines 350 PS starken 3,5-Liter-Saugmotors in vier Sekunden von Null auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei eher bescheidenen 233 km/h.
Nicht alles, was in Genf an der 300er-Marke kratzt, wird irgend wann einmal unter Alltagsbedingungen auf der Straße zu sehen sein. Der Bertone Nuccio ist ein Beispiel für diese Vorzeigestücke. Die italienische Designschmiede wird in diesem Jahr 100 Jahre und hat sich den Nuccio selbst zum Geburtstag geschenkt - als Reminiszenz an die legendären keilförmigen Modelle aus seiner Historie, die Bertone zum Beispiel für Lamborghini entworfen hat. Und auch Name selbst ist kein Zufall: Er erinnert an Giuseppe "Nuccio" Bertone. Die aktuelle Bertone-Flunder holt aus einem 4,3 Liter großen Mittelmotor 480 PS und ist gerade mal 1,22 Meter hoch - aber 4,8 Meter lang.
Daneben sind in Genf auch wieder zahlreiche Tuner zu finden, die ohnehin schon scharf gewürzten Sportmodellen noch einmal eine ordentliche Prise Chili verpasst haben. Der bayerische Tuner Mansori etwa hat sich den McLaren MP4-12C vorgeknöpft und die Leistungskraft des eh schon nicht gerade schwächelnden Achtzylinders von 608 auf 670 PS aufgeblasen. Analog wuchs das maximale Drehmoment von 600 auf 675 Nm und die Höchstgeschwindigkeit auf 353 km/h. Genf zeigt auch in diesem Jahr aufs Neue: Es gibt nach wie vor einen kleinen aber feinen Markt für extrem teure, extrem sportliche Autos. Einen Wachstumsmarkt.
|