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Schon der Radsatz sieht martialisch aus. Wie Messer stechen die Speichen aus den mächtigen Radkästen heraus. Die graumetallic-farbene Karosserie des sportlichsten 911ers ist - wohin man auch schaut - von dunklen Kohlefaserelementen durchzogen. Das düstere Karbon findet sich unter anderem bei Motorhaube, Scheinwerfer- und Spiegelblenden, bei Flügel, Seitenschweller und Dachspoiler. Kampfjet oder Rennwagen?
Der GT Street RS muss keinen einzigen Meter fahren, um seinen Tatendrang zu unterstreichen. Jeder Betrachter sieht auf den ersten Blick, dass sich dieser Bolide am liebsten mit startenden Jets und nicht gewöhnlichen Sportwagen messen möchte.
LED-Leuchtstäbe teilen die gigantischen Lufteinlassöffnungen in der Frontschürze. Diese ist so tief, dass jede Bodenwelle das Ausweichen zwingend macht. Der optionale Nasenlift ist dabei eine feine Erfindung – sorgt er doch dafür, dass die Karbonlippe weitgehend unbeschadet bis zum nächsten Auftritt auf dem Rundkurs hält.
Die kleinen Leuchtstäbe in der Schürze sind wahre Wunder der Lichttechnik. Die schmale Systemeinheit kombiniert Tagfahr-, Stand-, Parklicht und Blinkleuchten in einem gemeinsamen Gehäuse. Die Leuchtstärke passt sich dabei automatisch der gewählten Fahrlichtschaltung an. Darüber hinaus wird das Tagfahrlicht zur besseren?Signalwirkung der Blinkleuchten während des Abbiegevorgangs gedimmt. So viel Hightech hätte man allenfalls von Sicherheitspionieren wie Mercedes oder Volvo, nicht aber von einem Nobeltuner wie Techart erwartet.
Nachgeschärft
Techart mit Sitz im beschaulichen Leonberg liegt gerade einmal elf Kilometer von der Porsche-Firmenzentrale in Stuttgart-Zuffenhausen entfernt. Wem ein Original-Modell zu dröge ist, der kommt in Leonberg vorbei und lässt hier nachschärfen: Optik, Räder, Motorkits oder Komplettumbauten. "Wir haben unter den Porsche-Tunern einen Marktanteil von 40 Prozent", sagt der Marketingverantwortliche Alexander Kienborn. "Allein hier am Standort arbeiten 80 hoch qualifizierte Leute. Zudem vertreiben wir unsere Fahrzeuge mit rund 30 Händlern weltweit." Die Hauptmärkte für Techart-Porsche sind in Europa und den USA.
"Ein Porsche ist heute nicht mehr außergewöhnlich", sagt Techart-Geschäftsführer Thomas Behringer, der die Firma vor 23 Jahren gegründet hat. "Genau das ist unser Geschäft. Rund 15 bis 20 Prozent der Porsche-Kunden wollen mehr Individualität." Das Hauptgeschäft von Techart ist der Cayenne, der als "Magnum" einen hauseigenen Marktanteil von mehr als 50 Prozent hat. Doch das beste Pferd im exklusiven Stall ist der Porsche 911 Techart GT Street RS.
Der von Techart zum GT Street RS umgebaute 911 GT2 ist kein Auto für den normalen Straßenverkehr. Er gehört auf die Rundstrecke. Durch aufwendige Umbaumaßnahmen an Triebwerk und Aufladung wurden aus den eh schon nicht schwächlichen 530-Serien-PS eine Maximalleistung von 515 KW/700 PS und 860 Nm. Möglich machten dies insbesondere Veränderungen am doppelten Turbolader. Ansaugrohre aus Karbon und ein leistungsstärkerer Ladeluftkühler machen dem ehemaligen GT2 nicht nur optisch Dampf.
Im Windkanal
Damit die Boden-Boden-Rakete aus Leonberg auch im schmalen Grenzbereich auf dem Asphalt bleibt, hat Techart bei der Konstruktion des GT Street RS viel Detailarbeit geleistet. "Die Universität in Stuttgart hat einen der modernsten Windkanäle in Deutschland", sagt Entwicklungs-Chef Martin Schmidt. "Hier stimmen wir Fahrzeuge wie den GT Street für die hohen Geschwindigkeiten ab."
Der doppelte Turbo bollert ab mittlerem Drehzahlniveau lautstark im Heck los. Veränderungen am Ansaugtrakt und eine neue Auspuffanlage sorgen für einen begeisternden Sound. Wenn das maximale Drehmoment von bis zu 860 Nm bei 4.500 U/min erst einmal die Hinterachse in der Gewalt hat, gibt es kein Halten mehr. Der Techart-Porsche donnert los.
Das aufwendige Feilen an der Aerodynamik zahlt sich aus. Schließlich darf bei Geschwindigkeiten über 250 km/h nichts schiefgehen. Je nach Getriebeauslegung schafft das Geschoss bis zu 350 km/h. Da zählt jedes Gramm Abtrieb. Der Ausflug in den Stuttgarter Windkanal brachte beachtliche Ergebnisse: Schon beim zahmen Autobahntempo von 140 km/h brachten die Modifikationen je zehn Kilogramm Abtrieb an Vorder- und Hinterachse. Das garantiert Spurstabilität im Grenzbereich.
Das Herzstück eines GT2 ist sein 3.6 Liter große Sechszylinder-Boxer – das ist bei der veredelten Techart-Version nicht anders. Gleich danach kommt der imposante Heckflügel, der die zeitlose Silhouette eines 911ers zwar nachdrücklich verunglimpft, jedoch für Sicherheit auf der Straße und Bestleistungen auf der Piste unerlässlich ist. Er besteht beim Street RS ebenfalls aus ebenso leichter wie hochfester Kohlefaser.
Jetstream
Aerodynamik-Finessen in Form von Winglets und "Gurney Flaps" stehen an sich nur für eines: maximalen Anpressdruck. Kaum weniger spektakulär als das Leitwerk selbst sind die düsteren Luftaustrittsöffnungen in Heckdeckel und Schürze, die die Abwärme wie bei einem Jetstream nach außen bringen.
Den Fahrer interessiert kaum, was hinter seinem 911er abgeht. Überholen kann angesichts dieser Leistungsdaten sowieso nur der, dem dies huldvoll gestattet wird. Der rennerfahrene Pilot genießt die messerscharfe Lenkung und die knackig-knochige Handschaltung, mit der es Profis gelingt, den Spurt von 0 auf 100 km/h in 3,4 Sekunden zu erledigen. Nach nicht einmal zehn Sekunden zerbröselt die 200er-Marke.
Bei diesem Tatendrang geht es nicht nur um das Triebwerk, sondern auch um die Abstimmung von Federn und Dämpfern. Das Fahrwerk des GT Street ist traff, jedoch nicht derart bockelhart wie man es bei einer Rennversion erwarten würde. Die Schalensitze geben den verlangten Seitenhalt. Das Wildlederlenkrad sorgt dafür, dass die schweißnassen Hände nicht zu einer Katastrophe führen.
Wer unbedingt will, kann seinen Testosteron-Boliden daher durchaus auf normalen Straßen bewegen. Doch wirklich Spaß macht der Techart eben nur auf dem Kurvenoval oder auf topfebenen Landstraßen. Wem ein Porsche 911 GT2 selbst mit Werkstuning zu langweilig ist, der kommt an der rund 330.000 Euro teuren Techart-Version nur schwer vorbei. Und falls es doch einen Hauch weniger sein darf: Techart bietet den GT Street RS auch in einer zahmen Version an. Dann muss sich der Pilot mit 580 PS und 800 Nm Drehmoment begnügen.
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