Wer normalerweise durch den englischen Landschaftspark von Schloss Dyck bei Düsseldorf flaniert, der genießt die Ruhe und die Schönheit der Natur. Doch einmal im Jahr ist alles anders. Dann nehmen Autos, Motorräder und tausende Besucher den Park in ihren Besitz - denn dann residieren die Classic Days auf Schloss Dyck. Rund 6.000 Oldtimer, Youngtimer und das eine oder andere aktuelle Juwel luden vom 2. bis 4. August zum Träumen, Schwärmen und Fotografieren ein.
Einen Höhepunkt an diesen schönen Sommertagen herauszufiltern, fällt zum einen schwer und würde zum anderen den vielen übrigen Teilnehmern schlicht nicht gerecht werden. Ob nun ein Ford RS200, ein Ferrari Enzo, der älteste VW Käfer der Welt oder ein Mercedes-Benz 500 K Cabriolet - jedes Fahrzeug wurde bei strahlendem Sonnenschein mehr als nur einmal begutachtet und anschließend per Kamera oder Smartphone für die Ewigkeit festgehalten.
Wobei natürlich die Crème de la Crème, sprich die Fahrzeuge, die es entweder nur in geringster Stückzahl gab oder noch gibt, beziehungsweise die über eine nennenswerte Geschichte verfügen, den Concours d'Elegance bildeten. Darunter eben jener VW Käfer, der im eigentliche Sinne ein Porsche ist. Denn das Modell mit der Chassisnummer 38/06 gehört zur Käfer-Vorserie aus dem Jahr 1938, von der leidglich 30 Fahrzeuge bei Porsche in Handarbeit gebaut worden sind. In den Fahrzeugpapieren des 23,5 PS starken und über 985 Kubikzentimeter Hubraum verfügenden Ur-Käfers steht daher auch heute noch Porsche Prototyp 38.
Über einen Hubraum von 22 Ur-Käfern, genauer gesagt über 21,7 Liter, herrscht der Fahrer des Fiat Mefistofele aus dem Jahr 1923. Das auf einem Rennwagen vom Typ SB4 basierende Hubraum-Monster brach 1924 den Landgeschwindigkeitsweltrekord. Der 320 PS starke Sechszylindermotor eines Kampfflugzeuges aus dem Ersten Weltkrieg beschleunigte sich selbst und seinen Fahrer Ernest Eldridge auf 234,98 Kilometer pro Stunde. Dies war gleichzeitig der letzte Landgeschwindigkeitsrekord, der auf einer öffentlichen Straße aufgestellt wurde.
Ehrengast war der britische Auto- und Motorrad-Weltmeister John Surtees
Doch nicht nur in der Vergangenheit ertönten die Motoren im Rennmodus. Bei den Classic Days hieß es in regelmäßigen Abständen: "Gentlemen... start now!" Auf einer Rundstrecke von drei Kilometern Länge genossen Fahrer und Beifahrer von über 80 historischen Rennwagen die Begeisterung der Zuschauer. Damit diese zu jedem Zeitpunkt auch genau wussten, welches Fahrzeug dort in just diesem Moment über die Strecke donnerte, drang die Stimme des Moderators Dirk Johae aus den Lautsprechern. Und nicht nur die einfachen technischen Daten zum Fahrzeug, sondern auch seine zahlreichen Anekdoten und Insiderinformationen sorgten für Informationsdichte und den einen oder anderen Lacher.
So hieß es dann auch aus den Lautsprechern: "Und jetzt auf der Strecke der Mercedes-Benz 220 (W 180), der 1956 auch bei der Mille Miglia zum Einsatz kam. Er wird heute gefahren von Rennfahrerlegende Hans Herrmann." Neben dem 85-jährigen Rennidol Herrmann kamen noch prominente Fahrer wie Roland Asch, Dieter Glemser, Ewy Rosqvist und Jochen Mass nach Jüchen zu den Classic Days. Der diesjährige Ehrengast war der britische Auto- und Motorrad-Weltmeister John Surtees.
Ebenfalls bekannt, vor allem in der Camping-Szene, ist das Ehepaar Annemarie und Karl-Heinz Paumen. Wie schon die Jahre zuvor verbrachten sie die Nächte der gesamten Veranstaltung in einem Wohnwagen. Den 40 Jahre alten dänischen Wohnwagen MKP Smutti brachten sie am Haken ihres VW Käfers aus Dormagen in den Park. "Es ist immer wieder ein ganz tolles Erlebnis hier auf Schloss Dyck während der Classic Days zu campen. Allerdings wird es in diesem Jahr ganz schön heiß in unserem 390 Kilogramm leichten Smutti", verriet Karl-Heinz Paumen.
Für Besucher, die nicht ganz so weit in die automobile Vergangenheit reisen wollten, bot sich ein gemütlicher Spaziergang durch das Miscanthusfeld an. Dort feierten Auto-Clubs, Vereine und Zubehörhändler ihre eigenen Classic Days. Zum 50. Geburtstag der Marke Lamborghini waren dort Sportwagen aus der Vergangenheit und der Neuzeit zu bestaunen. Und wer dachte, dass zum Beispiel eine Corvette oder ein BMW Z1 seltene Fahrzeuge sind, der musste in Anbetracht der zahlreichen Modellgrüppchen schnell seine Meinung ändern.
Schade bei all der Freude über die tollen Autos und das schöne Wetter war lediglich der hohe Tagesticketpreis von 30 Euro für Erwachsene. Ein kleiner Lichtblick war hingegen der Preis für eine Kinder-Tageskarte. Denn schon für drei Euro konnten die ganz Kleinen Teil einer ganz großen automobilen Geschichte werden.
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